Sophie Charlotte Oberschule (Berlin)

In diesem Jahr war ich, Sven Bagdonat, bereits das 7. Mal bei der Schutzstation Wattenmeer auf Hallig Langeneß zu Gast.

Jedes Mal frage ich mich, warum ich für eine Woche der Großstadt Berlin den Rücken kehre und das Wagnis eingehe, mit unbedarften Großstadtkindern (Leistungskurs Biologie) die gewaltige Natur der Hallig zu erkunden.  Eigentlich beginnt ja alles wie immer: die Schüler sitzen voller Erwartungen auf der Fähre und sehen das Land näher kommen. Einige wirken entsetzt („Hier ist ja gar nichts“) und Andere können den Kontakt mit den Kühen kaum erwarten. Und dann diese Unterkunft! So viele Menschen in einem Zimmer und dann nur ein Bad pro Zimmer! „Das haben wir uns ganz anders vorgestellt!“ Ich schmunzle dann immer in mich hinein und freue mich auf die Tränen am letzten Abend.

Doch was geschieht in der Zeit zwischen ernüchterndem Ankommen und tränenreichem Abreisen? Ich weiß es nicht. Sind es die jungen Betreuer vor Ort, die immer einen direkten Draht zu den Schülern finden? ist es das Erleben der Gruppendynamik? Oder ist es das gemeinsame Kochen in der riesigen Küche, wo sich jeder nach seinen Vorlieben austoben kann? Ist es der Kontakt zu dieser einmaligen Landschaft, das Pfeifen des Windes oder diese Vogelwelt? Ist es die frische Luft oder das Baden in der Nordsee?  Ich finde keine Antwort.

Auch mich reißt es immer wieder mit. Ich bewundere meine Schüler, die sich mit Liebe und Fleiß mit der Natur und dem Leben auf der Hallig befassen und bereit sind Kompromisse zu schließen. Sie verzichten auf den heimatlichen Luxus, den ihnen das eigene Zimmer, die Supermärkte und Fastfoodketten um die Ecke bieten. Auch sie können (oder lernen zu)  genießen: Ruhe, frische Milch von echten Kühen und Biologie zum Anfassen. Natürlich sehnen wir uns nach einer Woche alle nach der großen Stadt zurück, aber jeder nimmt am letzten Abend diese Bilder mit, die mit dem „Stimmungs-Dia“  noch einmal aufblitzen. Es geht ein Raunen durch die kleine Gruppe! Wieder haben wir es geschafft, einige junge Menschlein von einer Region zu begeistern, die zu Beginn der Exkursion eher unwirklich, einsam und langweilig aussah. Und dann kommen die Wehmut und das Glitzern in meine Augen! Und ich bin froh, dass es dunkel im Aufenthaltsraum ist.

Wenn ich dann zum Abiturball oder beim Ehemaligentreffen von den erwachsenen Schülern höre, wie sie noch nach Jahren Eindrücke von der Hallig austauschen, bereue ich nichts und ich finde die Kraft, neue Schüler für die nächste Exkursion auf die Schutzstation Langeneß zu überzeugen.

Sven Bagdonat