Eiderentensterben auch in Schleswig-Holstein?

Alarmsignale aus dem ostfriesischen und niederländischen Watt geben zu denken

 

In den vergangenen Wochen häufen sich die Nachrichten über ein Eiderentensterben an der niederländischen und niedersächsischen Wattenmeerküste. Während aus den Niederlanden schon von einem "Massensterben" die Rede war, heißt es aus dem niedersächsischen Landesamt für Wasserwirtschaft und Küstenschutz in Norden (Kreis Aurich), daß in den ersten Wochen des Jahres etwa doppelt so viele tote Enten an den niedersächsischen Stränden gefunden wurden, wie in den Jahren zuvor. Schutzstation Wattenmeer wertete daher die Todfunddaten aus dem vereinseigenen Netzwerk der Westküstenstationen aus und kann für die schleswig-holsteinische Nationalparkküste vorerst Entwarnung geben. Die in den Niederlanden untersuchten Eiderentenkadaver weisen einen hohen Parasitenbefall auf. Aus Niedersachsen wird berichtet, daß die im Spülsaum tot aufgefundenen Eiderenten in der Regel untergewichtig sind. Bis zum jetzigen Zeitpunkt kann jedoch über die Ursache der deutlich erhöhten Sterblichkeitsrate nur spekuliert werden. Eine unbewiesene Hypothese bleibt bislang die Vermutung, daß die Eiderenten aufgrund der massiven Muschelfischerei im niederländischen Watt (1999 betrug die Ernte 72000t!) und der daraus resultierenden Miesmuschelknappheit zur Nahrungsaufnahme auf Strandkrabben und Herzmuscheln ausweichen und damit vermehrt tödliche Darmparasiten aufnehmen. Unter Verdacht steht bei niederländischen Naturschützern auch die Wasserqualität:

Im westlichen niederländischen Wattenmeer soll der TBT-Gehalt in den Schwebstoffen um den Faktor 50 höher sein als die zulässigen niederländischen Grenzwerte. Hieb- und stichfeste Zusammenhänge können bislang jedoch nicht vorgelegt werden, doch die Ursachenforschung läuft auf Hochtouren. Ergebnisse sollen demnächst auf einem Experten- Workshop bekanntgegeben werden.

Schutzstation Wattenmeer beobachtet im Rahmen eines küstenweiten Spülsaummonitorings bereits seit Jahren in 14-tägigem Abstand ausgewählte Strand- und Küstenabschnitte. Bei diesen Kontrollgängen werden Art und Anzahl der gefundenen Vogelkadaver ermittelt und ggf. ihr Verölungsgrad bestimmt. Die seit 1991 geführte Datenbank erlaubt somit einen vergleichenden Überblick über die Todfundraten einzelner Vogelarten über die vergangenen Jahre (s. Grafik). Aus der Statistik ergibt sich, daß auch in Schleswig-Holstein ein leichter Anstieg tot im Spülsaum aufgefundener Eiderenten zu verzeichnen ist.

"Einen Grund zur Besorgnis können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus den Daten jedoch nicht ableiten", kommentiert Diplombiologin Silvia Gaus die von ihr organisierte Datenfülle. Alljährlich sorgt die rauhe Winterzeit für den Tod geschwächter Eiderenten. Der leichte Anstieg von 60 Todfunden mehr gegenüber dem Vorjahr könnte auch damit zu erklären sein, daß mehr Eiderenten als im Vorjahr an unserer Küste überwintern. Diese Überlegung sollte in der küstenweiten Diskussion ebenfalls geprüft werden, in dem die Monitoring Daten aus der Rastvogelforschung herangezogen werden. Der aktuelle Fall zeigt erneut deutlich, wie nützlich und wichtig die Unterhaltung eines langfristigen Monitoring-Netzwerkes an der gesamten internationalen Wattenmeerküste ist, um Entwicklungen in den Wattgebieten schnell vergleichen und bewerten zu können. Die Schutzstation Wattenmeer deckt dabei den Bereich des Schleswig- Holsteinischen Nationalparkes mit seinem dichten Netzwerk von Stationen und Aussenstellen hervorragend ab.