Exoten und Raritäten am Watt gesichtet

Der Nationalpark hatte im Mai gleich zwei ausgesprochene Besonderheiten im Bereich der Insel Föhr zu bieten:

 

Anfang des Monats traute unser Vogelwart am Oldsumer Vorland seinen Augen nicht, als ein schneeweissen Reiher durch den Salzwiesenpriel stolzierte. Nähere Bestimmungsübungen ergaben zweifelsfrei, daß es sich um einen Seidenreiher handelte. Der exotische Vogel hatte sich offensichtlich im Landeplatz geirrt. Normalerweise kennt man diese Spezies eher von Afrika und Südeuropa. Leider währte die exotische Piepshow am Watt nur einen Tag, dann war der elegante Flieger wieder entschwunden.

Längerfristig, so hoffen Käferspezialisten, dürfte sich der Strandsee-Ahlenläufer (Bembidion ephippium) auf der Föhrer Salzwiese eingenistet haben.

Diesem possierlichen Tierchen sind Sie bestimmt noch nie begegnet. Die nur 4 mm lange Art zählt nämlich zu den seltensten Käferarten Deuschlands und lebt an der Wattenmeerküste nur am Ufer schlammiger Strandseen. Da Strandseen aufgrund der intensiven Küstenschutzmaßnahmen ein fast verschwundener Lebensraum sind, ist auch der Strandsee-Ahlenläufer vom Aussterben bedroht. In Niedersachsen ist der letzte Fundort bei Sahlenburg in den 1970er Jahren zerstört worden. In Schleswig-Holstein gibt es nur eine einzige stabile Population auf der Insel Föhr. In Dänemark erreicht die Art ihre klimatische Nordgrenze, und nur am Ärmelkanal, in Ungarn sowie am östlichen Mittelmeer ist der Käfer noch regelmäßig anzutreffen. Über die Lebensweise des Strandsee-Ahlenläufers gibt es bisher nur oberflächliche Erkenntnisse. Er lebt wie alle etwa 100 Arten seiner Gattung an Ufern und läuft behende auf dem Uferschlamm oder in Trockenrissen des Bodens umher. Seine Nahrung sind vermutlich kleinste Insekten. Der Käfer überwintert als fertiges Insekt an überflutungsgeschützten Stellen und überquert möglicherweise fliegend den Deich, um sich geeignete Verstecke zu suchen. Im Frühjahr legen die Weibchen am Gewässerufer ihre Eier ab, und die Larven entwickeln sich innerhalb einiger Wochen zu Jungkäfern. Diese schlüpfen vermutlich im Hoch- oder Spätsommer, sammeln Fettreserven und suchen dann neue Winterquartiere auf.

Die Lebensdauer der Käfer beträgt wahrscheinlich etwa 10 Monate.Warum der Strandsee-Ahlenläufer nur an stark salzhaltigen, zeitweise austrocknenden Schlammufern vorkommt, ist nicht bekannt. Möglicherweise schützt ihn der Salzgehalt des Lebensraumes gegen Pilzerkrankungen oder andere Feinde. Die Wasserstandsschwankungen scheinen auch lebenswichtig für ihn zu sein, vielleicht weil er nur auf austrocknenden Schlammflächen genug Beute findet.Der Name Ahlenläufer leitet sich von dem bei diese Laufkäfergattung typisch geformten Kiefertaster-Endglied her. Es ist dünn und spitz wie eine Ahle, dem gleichnamigen Handwerkszeug zum Durchbohren von Leder o.ä..