Seehundsterben offiziell beendet

Umweltminister Klaus Müller beendete am 14. November offiziell das Seehundsterben, in dem er den in Schleswig-Holstein seit August in Kraft getretenen "Aktionsplan Seehundstaupe" aufhob.

Die Zahl tot aufgefundener Seehunde nahm in den letzten zwei Wochen rapide ab. Es wurden fast nur noch stark verweste Kadaver registriert. Die Epidemie im schleswig-holsteinischen Wattenmeer ist für dieses Jahr also erstmal überstanden. Seit dem Einwandern der Staupe nach Schleswig-Holstein am 11.August, wurden hier über 3 600 tote Seehunde geborgen. Rund 2700 Kadaver wurden in Einzelarbeit von Seehundjägern und mit Hilfe von Naturschutzverbänden und Kurverwaltungen geborgen. Das Amt für Ländliche Räume in Husum und das Staatliche Umweltamt Schleswig bargen mehr als 900 Kadaver von den Außensänden und Stränden.

Trotz der hohen Zahl von rund 11000 toten Seehunden im internationalen Wattenmeer und über 21100 Gesamtopfern in Nord-und Ostsee ist der Seehundbestand im Wattenmeer noch nicht gefährdet. Im Sommer dieses Jahres lebten im Wattenmeer schätzungsweise 28 000 Seehunde. Circa vierzig Prozent fielen der Seuche also zum Opfer. Die wichtigste Erkenntnis lautet heute: Das Seehundsterben an unserer Küste fand nicht etwa deshalb statt, weil hier zu viele Tiere leben, wie einige Interessengruppen und der sogenannte "gesunde Menschenverstand" zahlreicher Küstenbewohner immer wieder meinen, sondern scheinbar paradoxerweise, weil wir zu wenig Seehunde haben! So führt der Virologe Tim Harder vom Landes-Veterinäramt aus, dass sich das Seehundstaupevirus erst in Beständen ab 50 000 Robbendauerhaft halten kann, und so eine permanente Immunität der meisten Tiere erzeugt wird. In solch großen Beständen degeneriert die Seehundstaupe quasi zur harmlosen Kinderkrankheit.

Umweltminister Klaus Müller bedankte sich bei den vielen Mitarbeitern der beteiligten Institutionen. "Mein besonderer Dank gilt allen, die geholfen haben. Bis zu 100 Kilogramm schwere, vielfach verweste Kadaver von Stränden zu bergen, ist körperliche und seelische Schwerstarbeit... Durch Ihren engagierte Einsatz waren die Strände meist schnell geräumt."

Anders als beim großen Seehundsterben 1988 wurde die Energie seitens der Ämter dieses Mal in das vorsorgliche Entsorgungs-Krisenmanagement gesteckt. "Wir wollen das diesmal ohne Adrenalin abarbeiten", verkündete Umweltminister Klaus Müller zu Beginn der Seuche.

Nur zu gut wird man sich im Ministerium noch an die Horrorschlagzeilen vom Sommer 88 erinnert haben und auch daran, dass Umweltkrisen im Watt zu "Schlicklöchern" für Minister werden können. So geschehen im Fall der Pallas, deren misslungenes Krisenmanagement zum Abgang von Rainder Steenblock , Umweltminister a.D. führte. Dergleichen Patzer zu Zeiten des Bundestagswahlkampfes waren also unbedingt zu vermeiden. So hielten sich diesmal die Schlagzeilen in Grenzen - der fehlende Überraschungseffekt, wie einst 1988, die Langsamkeit der Virusausbreitung, das gezielte Krisenmanagement der Küstenländer und die Vermutung, dass sich die Seehundbestände ja doch schnell wieder erholen, dämpfen das Medieninteresse.

Seehundsterben traurige Bilanz in SH

Ort    Anzahl
Helgoland    270
Sylt    703
Föhr    254
Amrum    431
Lang./Oland    48
Hooge    98
Außensände    717
Pellworm    204
Nordstrand    99
Eiderstedt    627
Büsum    128
Marne    1
Neufelderkoog    28
Summe    3608
Quelle: Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer