20 Jahre Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer am 1. Oktober 2005

Großprojekte gefährden Nationalpark

WWF und Schutzstation Wattenmeer kritisieren Vielzahl der Eingriffe in die Küstennatur

Anlässlich des bevorstehenden 20. Geburtstages des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer mahnen der WWF und die Schutzstation Wattenmeer mehr Respekt für die empfindliche Küstennatur an. "Die Vielzahl von Großprojekten in der Küstenregion macht der Natur zu schaffen", so Hans-Ulrich Rösner vom WWF. "Wenn es so weitergeht, dann wird in Zukunft zwischen Dämmen und Deichen, Förderinseln und Pipelines, Kabeln und Windparks, Flussvertiefungen und Sperrwerken nicht mehr viel Nationalpark übrig sein", befürchtet die Biologin Silvia Gaus von der Schutzstation Wattenmeer.

Schon in der Vergangenheit setzten Bauprojekte dem Schutzgebiet zu: Kurz nach seiner Gründung wurde im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer eine Ölbohrinsel errichtet. Weitere Eingriffe folgten. In diesem Jahr kam eine Pipeline hinzu, für die im Watt eine der größten Baustellen des Bundeslandes eingerichtet wurde. Negative Folgen für das Wattenmeer drohen laut WWF und Schutzstation in Folge der für eine verbesserte Zufahrt zum Hamburger Hafen geplanten Elbvertiefung. Die zu befürchtende Änderung des Strömungssystems zwischen Brunsbüttel und Cuxhaven gefährde nicht nur die Natur an der Elbe, sondern würde auch den Nationalpark in Mitleidenschaft ziehen.

Für die geplanten Offshore-Windparks sind zahlreiche Hochspannungskabel quer durch den noch unberührten Wattboden vorgesehen. An der Wattkante der Insel Sylt sollen natürliche übergänge vom Land ins Watt durch Beton und Steine versiegelt werden, um so die Insel vor Erosion zu schützen. Den gleichen Effekt könnte man nach Ansicht der Umweltverbände mit weit weniger Schaden für die Natur auch durch die Aufspülung von Sand erzielen. Zudem wird auf Sylt diskutiert, eine kilometerlange Seebrücke in das Walschutzgebiet des Nationalparks hinein zu bauen. In der Folge schlugen Kommunalpolitiker von der Insel Föhr vor, einen Straßendamm nach Amrum zu bauen. Erst Naturschützer stoppten eine massive Erhöhung und Verbreiterung des Dammes vom Festland zu den Halligen Oland und Langeneß. Eine Genehmigung lag gar nicht vor. Wie sich später zeigte, könnte man den Damm auch mit weniger Aufwand erhalten.

Auch wenn einzelne solcher Bauten für die Natur verkraftbar sein mögen, so kämen die Probleme durch ihre Summe. Deshalb fordern der WWF und die Schutzstation Wattenmeer von Behörden und Regierungen, alle Eingriffe in den Nationalpark gebündelt zu betrachten. "Statt Einzelfälle am Fließband zu genehmigen, brauchen wir eine integrierte Planung", betont WWF-Biologe Rösner. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Nationalparke im Wattenmeer durch viele kleine Einschnitte ihren Charakter als ungestörte Naturgebiete verlieren. "Wenn wir das Wattenmeer für kommende Generationen erhalten wollen, müssen wir respektvoller mit dieser einzigartigen Landschaft umgehen", betont Silvia Gaus.