Kiter im Wattenmeer

Kiter können erhebliche Störungen im Nationalpark verursachen. Ein einzelner Kiter kann in Minuten Tausende Vögel aus einem kilometerlangen Küstenabschnitt vertreiben. Um insbesondere solche Störungen ruhiger, abgelegener Bereiche durch wenige Kitesurfer zu verhindern, soll das Kitesurfen mit im Rahmen der neuen Befahrensverordnung für die allgemeine Schifffahrt auf ausgewiesene Kitesurfbereiche beschränkt werden.

Problematik und Brisanz

Im Nationalpark- und Weltnaturerbe Wattenmeer ist Platz sowohl für Pflanzen und Tiere als auch für den Menschen und seine Aktivitäten. Das Zonierungskonzept weist Vorranggebiete für die Natur (z. B. Vogelbrut- und -rastgebiete, Robbenschutzzonen) ebenso aus wie für menschliche Nutzung (z. B. Erholungs- und Badezonen an vielen Orten, Reit- oder Kitebuggy-Gebiete vor St. Peter-Ording). Bei der Formulierung des Nationalparkgesetzes 1985 und der Novellierung 1999 waren Drachensportarten noch weitgehend unbekannt. Mit der Anerkennung hat die UNESCO den Wattenmeer-Anrainerstaaten allerdings auch aufgetragen, touristische Nutzungen so zu regeln, dass deren mögliche Zunahmen die Naturwerte des Wattenmeers nicht beeinträchtigen. Wie andere Sportarten sind auch Kitesurfen oder Kitebuggyfahren Teil dieser Nutzungen. Das Kitesurfen entwickelt sich in den letzten Jahren rasant voran. In den letzten Jahren entstand dadurch im Wattenmeer ein deutlicher Konflikt, da inzwischen die wachsende Zahl von Sportlern teilweise mit Brut- und Zugvögeln um die gleichen Flächen konkurriert. Viele abgelegene Vogelbrut- und -rastplätze und insbesondere Flachwasserbereiche wurden nicht extra als Schutzzonen ausgewiesen, weil sie für normale Erholungsuchende oder Wanderer ohnehin kaum zugänglich waren. Kitesurfer gelangen jedoch in wenigen Augenblicken dorthin. Ein einzelner Kiter kann mit seinem Kite unter Umständen in Minuten Tausende Vögel aus einem kilometerlangen Küstenabschnitt vertreiben.

Die meisten der bis zu 12 Millionen Vögel, die jedes Jahr ins Wattenmeer kommen, sind Zugvögel, die auf den Wegen zwischen arktischen Brutgebieten und südlichen Winterquartieren den besonderen Nahrungsreichtum des Watts nutzen, um hier in möglichst kurzer Zeit ihre Vorräte wieder "aufzutanken". Werden diese Tiere nun gestört erzeugt das erhöhten Stress. Dies wiederum führt dazu, dass nicht in ausreichendem Maße ihre Kraftreserven auffüllen können. Die unmittelbare Folge ist, dass sie den Zug nicht schaffen und auf dem Weg sterben, was zu erheblichen Einbußen der Population führen kann. Im Spätsommer und Herbst absolvieren hier viele auch den jährlichen Gefiederwechsel und können dann zeitweise nicht mehr fliegen. Im Frühjahr nehmen sie auch Fettreserven aus dem Wattenmeer mit in die Arktis, um dort besser auf die Brut und die stark schwankenden Wetterbedingungen vorbereitet zu sein. Viele Vogelarten (insbesondere solche mit sinkenden Beständen) sind existenziell auf ruhige Nahrungs- und Rastflächen angewiesen. Die Vögel im Wattenmeer brauchen ausreichend Raum, um immer genug Nahrung zu finden und zwischendurch zur Ruhe kommen zu können. Auch Orte, an denen unter normalen Bedingungen selten Vögel zu sehen sind, können z. B. bei Sturm oder nach Frostperioden existenziell wichtig sein.

Um insbesondere Störungen ruhiger, abgelegener Bereiche durch wenige Kitesurfer zu verhindern, soll das Kitesurfen mit im Rahmen der neuen Befahrensverordnung für die allgemeine Schifffahrt auf ausgewiesene Kitesurfbereiche beschränkt werden. Dies fördert ebenfalls den Gewöhnungseffekt der Vögel in den betroffenen Gebieten, da sie eine Chance haben, die Störungen als "normal" einstufen zu können. Denn Vögel sind tatsächlich sehr anpassungsfähig und können sich an Nutzungen gewöhnen, das setzt aber voraus, dass diese für sie berechenbar sind.

Forderungen der Schutzstation Wattenmeer

  • intensives Monitoring, Konzept, baldige Reglementierung
  • Wir wollen auch weiterhin dazu beitragen, dass sensible Vogelarten ausreichende Ruhezonen erhalten und zugleich viele Menschen die Natur und ihre Kräfte an unproblematischen Orten auch mit Kite und Board erleben können. Die Schutzstation Wattenmeer hat sich an vielen Orten bereits aktiv an der Ausweisung von Kitesurfzonen (oder auch der Kitebuggiefläche in St. Peter-Ording) beteiligt..
  • Will man im Nationalpark Wattenmeer möglichst naturverträglich kiten, sollte dies konzentriert in klar abgegrenzten Gebieten mit ausreichendem Abstand zu möglichen Vogelansammlungen stattfinden. Schädlich wären hingegen unregelmäßige Fahrten weit hinein in immer wieder neue Flächen.
  • Um den verschiedenen Vogelarten mit ihren über das Jahr hinweg teilweise ganz unterschiedlichen Ansprüchen gerecht zu werden, sollte am Rand von als Brut- und Rastgebieten geeigneten Salzwiesen sowie an der Ostseite von Sandbänken ebenso wie an nahrungsreichen Schlick- und Mischwattflächen nicht gekitet werden.
  • Kitegebiete sollten also einen ausreichenden Abstand zu Nahrungs- und Rastgebieten gerade auch empfindlicher Arten haben und möglichst klar abgegrenzt sein, so dass ggfs. eine Gewöhnung erleichtert wird. Bisher sind jedoch an vielen Stellen die Regelungen zu den Kitezonen leider hinter unseren Forderungen zurückgeblieben.
  • Es bleiben somit vor allem die Weststrände sowie Küstenbereiche ohne Salzwiesen, wo im Einklang mit der Natur gekitet werden kann. Diese Flächen sind keine kleinen Nischen, sondern stellen einen sehr großen Teil des Wattenmeeres dar, so dass dieser nach wie vor den Kitern zur Verfügung stehen kann, obwohl der Schutz der Vögel beachtet wird.