Import von Austern
Die Nutzung von importierten Saatmuscheln in den Nationalpark Wattenmeer ist keine zuläs-sige Methode. Bei der Pazifikauster finden Importe aber weiterhin statt. Die verwendeten ge-bietsfremden importierten Austern bergen ein erhebliches Gefahrenpotential für das Ökosys-tem Wattenmeer, da sie exotische Mikroorganismen, Parasiten und weitere Neobiota mitbrin-gen. Das Einbringen gebietsfremder Arten kann ebenfalls diverse Auswirkungen auf die Funk-tion und die ablaufenden Prozesse im Wattenmeer haben, wie zum Beispiel auf die Lebensgemeinschaften der Miesmuscheln.
Problematik und Brisanz
Die Europäische Auster (Ostrea edulis) wurde um 1930 in der Deutschen Bucht durch Überfischung ausgerottet. Daher suchte man nach einem vermarktbaren Ersatz und fand diesen schließlich in der Pazifischen Auster (Crassostrea gigas). Dittmeyers Austern Compagnie in List/Sylt führt seit 1985 junge Pazifikaustern aus Westeuropa zu Zuchtzwecken ins Wattenmeer ein. Die in Plastiknetzen („Poches“ = Taschen) auf langen Bänken („Tischkulturen“) im Watt ausgebrachten Jungaustern wachsen im planktonreichen Wasser der Nordsee innerhalb von kürzester Zeit zur Marktreife heran.
Das Nationalparkgesetz (NPG § 6 (3)2) benennt die Austernzucht vor Sylt (List, Blidselbucht) als zu-lässige Nutzung. Allerdings traten schon 1990 erste freilebende Exemplare der Pazifischen Austern auf den Wattflächen rund um Sylt auf. Seither hat sich die Auster erfolgreich im gesamten Watten-meergebiet ausgebreitet und bildet über und unter der Niedrigwasserlinie ausgedehnte Riffe. Es ist genetisch nachgewiesen, dass die von der Elbmündung bis Dänemark auftretenden Pazifikaustern von der Sylter Kultur abstammen.
Diese Ansiedlung und Ausbreitung der Pazifischen Auster im Nationalpark Wattenmeer hätte nicht erfolgen dürfen, da das Nationalparkgesetz es verbietet „Arten auszusetzen, die im Nationalpark nicht ihren Lebensraum haben“ (NPG § 5 (1) 2.). Hier hat also schon ein schwer wiegender und nicht mehr rückgängig zu machender Verstoß gegen den Naturschutz im Nationalpark und darüber hinaus statt-gefunden. Die unerwünschte Ansiedlung der Pazifikauster war nach Erfahrungen aus den Niederlan-den (Westerschelde) nicht unwahrscheinlich und hätte in Betracht gezogen werden müssen.
Die alljährlich neu in das Sylter Watt importierten Jungaustern stellen eine weitere Gefahr für das Wattenmeer dar. Auf den rauen Schalen sowie im Muschelinneren können Parasiten, Krankheiten oder weiter invasive Arten in das Ökosystem gebracht werden. Das Auftreten immer neuer exotischer Arten im Nordsylter Wattenmeer zeigt, dass dies fortlaufend geschieht (z.B. Keulenseescheide, Japa-nischer Knötchentang, Japanische Faseralge). Die Allgemeinverfügung zum NPG (27.9.2004) Artikel 2.c, besagt dass Import und Nutzung von Jungaustern nur zulässig sind, wenn „sichergestellt ist, dass keine Fremdarten sowie Parasiten und Krankheiten im Wattenmeer freigesetzt werden“. Da diese Schädlingsfreiheit beim Import niemals sicher gestellt werden kann, müssen alle Importe von Pazifi-schen Austern umgehend gestoppt werden. In Bezug auf Miesmuscheln ist die Ausbringung von im-portierten Saatmuscheln bereits als Ergebnis einer Klage der Schutzstation Wattenmeer verboten worden. Bei der Pazifischen Auster allerdings ist dies nach wie vor zulässig, was mit Blick auf die Vergleichbarkeit des Problems dieser Wirtschaftsweise nicht hinnehmbar sein kann.
Neben der gewerblichen Zucht der Austern, ist auch das gewerbliche Sammeln von Konsumaustern als Ausnahme erlaubt. Die Oberste Fischerreibehörde und die Nationalparkverwaltung geben dazu eine Genehmigung aus. Diese Art des Sammelns kann nur als Ausnahme zugelassen werden, da die Fischerei im Nationalpark nur „in der bisherigen Art und im bisherigen Umfang“ zugelassen ist (NPG § 6 (3) 1. und 2.). Ebenso dürfen Inhaber eines Fischereischeins einen 10-Liter-Eimer pro Tag zum privaten Gebrauch sammeln. Durch das Sammeln der Austern auf Wattflächen kann es zur Störun-gen der Vögel kommen und zudem können die Vielzahl der assoziierten Organismen auf den Riffstrukturen Schaden nehmen.
Forderungen der Schutzstation
- Sofortiger Stopp der Importe von Saataustern in das Wattenmeer
- Saatmuschelgewinnung im Wattenmeer allenfalls kleinräumig unter Berücksichtigung der Naturschutzbelange im Nationalpark