10 Jahre Pallas und ein bisschen weiser

Deutsche Nordseeküste auch heute nicht ausreichend vor Schiffshavarien geschützt

Am 25.Oktober 1998 geriet der brennende Holzfrachter "Pallas" in Seenot und strandete vier Tage später aufgrund von Kompetenzgerangel, Fehlentscheidungen und sehr ungünstigen Wetterbedingungen vor der Nordseeinsel Amrum. 100 Tonnen auslaufendes Schweröl verschmutzte die Strände und tötete über 16.000 Seevögel. "Ein solcher Unfall ist jederzeit wieder möglich", sagt die Biologin Silvia Gaus von der Schutzstation Wattenmeer. "Leider haben Politik und zuständige Behörden nicht alle notwendigen Konsequenzen aus dem Unglück gezogen. So gibt es trotz zahlreicher Initiativen immer noch keine nationale Küstenwache unter der Zuständigkeit des Bundes. Wir fordern eine Eingreiftruppe nach französischem Vorbild, die im Notfall auch das Kommando über ein havariertes Schiff übernehmen kann."

 

Zwar wurde rechtzeitig vor dem fünfjährigen Pallasjubiläum ein Havariekommando eingerichtet, das die Aktivitäten der Küstenländer und des Bundes in einem Unglücksfall koordinieren soll. "Die Vorkommnisse im Februar 2008, als ca. 1.200 Seevögel verölt an die Strände gelangten, lassen aber Zweifel aufkommen, ob diese Einrichtung einer Katastrophe von Pallas-Dimension oder schlimmer gewachsen wäre", so Gaus. "Naturschutzverbände erhielten keine Information über das Ausmaß der Verschmutzung und die Anzahl der verölten Vögel. Auch die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden und Beamte der Wasserschutzpolizei tappten lange im Dunkeln."

 

Immerhin, es gibt auch Erfolge zu verzeichnen: Auf der Peenewerft in Wolgast soll ein leistungsfähiger Schlepper gebaut werden, der mit einer Geschwindigkeit von 19,5 Knoten und einem Pfahlzug von 200 Tonnen im Jahre 2011 den derzeit einzigen Hochseeschlepper "Oceanic" der Bugsier-Reederei ablösen wird.

 

Im Fall der Pallas kam die "Oceanic" nicht zum Einsatz, sondern u.a. die beiden bundeseigenen, damals neuen Schiffe "Mellum" und "Neuwerk", die zu schwach für die Pallas waren. Die verwendeten Trossen rissen mehrfach und alle Bergungsversuche scheiterten.

 

Erst einen Monat nach der Havarie konnte das Feuer auf der Pallas am 22.11.1998 durch Einsatz der niederländischen Spezialhubinsel "Barbara" endgültig gelöscht werden. Mehrere Monate vergingen, bevor der größte Teil des verbliebenen Öl-Sand-Gemisches geborgen wurde. Ein Untersuchungsausschuss des Landtages beschäftigte sich mit der Pannenserie, die zur Strandung des Schiffes führte.

 

Geborgen wurde die Pallas nie; dafür ist sie schon zu tief in den Sand vor der Nordseeinsel Amrum gesunken. Auch heute sind noch Reste der Aufbauten zu erkennen. Der verkohlte Original-Steuerstand der Pallas ist als ständige Mahnung in der Ausstellung der Schutzstation Wattenmeer auf Amrum zu besichtigen.