Kein Kohlendioxid-Endlager im Wattenmeer

Schutzstation Wattenmeer fordert Vetorecht für Bundesländer gegen CCS-Speicherstätten

„Das Weltnaturerbe Wattenmeer darf nicht als Deponie für giftige Industrieabgase missbraucht werden“, sagte Harald Förster, Geschäftsführer der Schutzstation Wattenmeer, anlässlich des Antrittsbesuches von Bundespräsident Christian Wulff in Schleswig-Holstein am 09.03.2011.

Förster nutzte die Gelegenheit, am Rande der Bereisung mit Wulff und Ministerpräsident Carstensen über die Problematik einer möglichen Speicherung von Kohlendioxid unter dem Wattenmeer zu sprechen. Beim CCS-Verfahren wird Kohlendioxid aus den Abgasen von Kraftwerken abgeschieden und unterirdisch gespeichert. Nach einer bisher geheim gehaltenen Liste könnte vor allem das Weltnaturerbe als einer von 400 möglichen Deponiestandorten des Klimagases ausgewählt werden.
 
 „Die Bundesregierung muss sich an ihre Zusagen halten und den Bundesländern ein Vetorecht bei der Ausweisung von CCS-Speicherstätten einräumen,“ forderte Förster und unterstützte die Bemühungen des Ministerpräsidenten, diese sogenannte „opt-out“-Regelung in das neue CCS-Gesetz aufzunehmen. Er bezeichnete es als verantwortungslos, einen Cocktail giftiger Stoffe unter hohem Energieaufwand aus Kraftwerksabgasen zu holen, um sie dann im Nationalpark endlagern zu wollen.
 
 „Die Deponierung von Kohlendioxid gefährdet den Lebensraum für Natur und Mensch am Wattenmeer“, sagte Förster und kündigte den entschiedenen Widerstand seiner Organisation an. Die Schutzstation Wattenmeer ist damit Teil einer breiten Ablehnungsfront gegen CCS in Schleswig-Holstein quer über alle Parteigrenzen hinweg.

Salzwasser führendes Tiefengestein wird von CCS-Befürwortern als besonders geeigneter CO2-Speicher angesehen. Experten warnen allerdings davor, dass dieses Salzwasser von dem unter hohem Druck stehenden Kohlendioxid in benachbarte Grundwasserleiter gepresst werden könnte, aus denen Trinkwasser gewonnen wird.

Außerdem könne es mit unabsehbaren Folgen wieder an die Oberfläche gelangen. In der kanadischen Provinz Saskatchewan führte austretendes Kohlendioxid, das in den Untergrund gepumpt worden war und schwerer als Luft ist, zu einem Tiersterben. Wegen dieser Gefahren sieht selbst die private Versicherungswirtschaft die von CCS ausgehenden Haftpflichtrisiken als nicht versicherbar an.

Genauso fragwürdig wie die Lagerung des Kohlendioxids ist nach Ansicht von Umwelt- und Naturschützern das gesamte CCS-Konzept.

„CCS ist eine milliardenteure Scheinlösung, die uns die großen Energiekonzerne schmackhaft machen wollen, damit sie ihre fossilen Kraftwerksdinosaurier vor der Öffentlichkeit rechtfertigen können“, sagt Silvia Gaus, Naturschutzexpertin bei der Schutzstation Wattenmeer.

CCS (Carbon Dioxide Capture and Storage), also das Auffangen von Kohlendioxid aus den Verbrennungsgasen und seine anschließende Deponierung, verspricht die einfache Antwort auf ein drängendes Problem: Die Nutzung von Öl, Kohle und anderen fossilen Energieträgern, ohne das Klima durch weiteren Ausstoß von Kohlendioxid in die Atmosphäre zu schädigen.

Ob Rauchgaswäsche mittels Aminen oder der Einsatz von Oxyfuel, eines haben alle CCS-Methoden zum Abscheiden des Kohlendioxids aus den Abgasen gemeinsam: Sie erfordern zusätzliche Energie und führen damit zu einem Mehrverbrauch an Kohle oder Öl.

„Von drei herkömmlichen Kraftwerken benötigt man allein eines, um Kohlendioxid mittels CCS wieder aus den Rauchgasen zu entfernen“, erläutert Gaus. Damit würden die bei Kraftwerken erreichten Steigerungen des Wirkungsgrades auf den Stand der 1950er Jahre zurückfallen.

Experten schätzen, dass sich der Strompreis durch CSS um bis zu sechs Cent pro Kilowattstunde erhöhen könnte. Damit läge der Preis im Bereich erneuerbarer Energien. „Es ist nicht einzusehen, dass die Verbraucher den Mehrpreis für die Förderung einer Technologie zahlen sollen, die bei Ihrer wahrscheinlichen Marktreife im Jahr 2025 sowieso schon wieder veraltet ist“, meint Gaus. Zwei Milliarden Euro lässt sich der Energieriese Vattenfall seine CCS-Pilotanlage und ein Demonstrationskraftwerk im Brandenburgischen kosten. Sehr viel Geld, dass nach Ansicht der Naturschützer besser für die Weiterentwicklung wirklich nachhaltiger Technologien genutzt werden sollte.

 

Unkalkulierbare Risiken bei unterirdischer Speicherung von Abgasen