Nordfriesland statt Mallorca oder Côte d’Azur

Erste Brut von seltenen Seeregenpfeifern aus dem Mittelmeerraum an der Nordsee

Da staunten die Biologen der Schutzstation Wattenmeer und des Michael-Otto-Instituts im NABU nicht schlecht: Kürzlich entdeckten sie an der nordfriesischen Wattenmeerküste zwei Seeregenpfeifer-Weibchen aus dem Mittelmeerraum unter den einheimischen Artgenossen. Im Beltringharder Koog und in St.Peter-Ording waren den Forschern die aus Mallorca und Südfrankreich stammenden Vogelweibchen aufgefallen.
 
„Ortswechsel über große Entfernungen sind bei Seeregenpfeifern zwar keine Seltenheit. Trotzdem sind diese Fälle eine große Besonderheit und für Deutschland die ersten Nachweise dieser Art“, freut sich Biologe Dominic Cimiotti vom Michael-Otto-Institut im NABU.
 
Das erste Regenpfeifer-Weibchen wurde im vergangenen Juni auf Mallorca im Rahmen eines Forschungsprojektes im Feuchtgebiet Salobrar de Campos mit Farbringen versehen. Der zweite Vogel brütete im letzten Jahr mehr als 1.300 Kilometer entfernt am Mittelmeer in den südfranzösischen Salinen von Pesquiers. Seeregenpfeifer werden europaweit beringt, um mehr über die Ökologie dieser in vielen Ländern gefährdeten Art herauszufinden.
 
„Der Bestand von Seeregenpfeifern ist leider auch an der Nordsee in den letzten beiden Jahrzehnten stark rückläufig“, berichtet Biologe Rainer Schulz von der Schutzstation Wattenmeer. Die Vögel brüten bevorzugt an Stränden, die auch gern von Badegästen aufgesucht werden. „Zum Schutz der Gelege von Seeregenpfeifern haben wir kleine Teilbereiche der Strände gekennzeichnet“, sagt Schulz. Er appelliert an alle Strandspaziergänger, diese Beschilderung zu respektieren, zumal sich wegen der schönen Witterung mehr Menschen als üblich am Meer aufhalten.
 
Für die Seeregenpfeifer-Damen vom Mittelmeer wird es vermutlich nur ein kurzer Aufenthalt an der Nordsee werden. Üblicherweise verlassen sie wenige Tage nach dem Schlupf der Küken ihre Jungen, die dann vom Vater allein großgezogen werden. Vielleicht heißt es aber auch im nächsten Jahr wieder: Lieber St.Peter statt Malle.
 
 
Hintergrund:
Das Michael-Otto-Institut im NABU führte in den vergangenen Jahren ein erfolgreiches Artenschutzprojekt für den Seeregenpfeifer in Schleswig-Holstein mit finanzieller Förderung des Landesumweltministeriums durch. So brütet das französische Weibchen derzeit in einem Teilbereich des Beltringharder Kooges, der erst durch gezielte Beweidung mit Gallowayrindern wieder von der Art besiedelt werden konnte.
 
Die Schutzstation Wattenmeer betreut für das Land große Flächen im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und erfasst dort jährlich die Bestände der Brutvögel. Werden hierbei neue Brutorte von Regenpfeifern oder anderen Strandvögeln entdeckt, werden diese meistens umgehend als „Flexible Brutgebiete“ ausgeschildert, um Störungen der Vögel durch Wanderer oder Badebetrieb zu vermeiden.

Mallorquinisches Seeregenpfeiferweibchen in St.Peter-Ording
Zum Schutz der Brutorte werden Strandbereiche als „Flexible Ruhezone“ ausgeschildert. Fotos: R.Schulz, Schutzstation Wattenmeer