Ossietra-Kaviar auf Hooge

Russischer Stör auf nordfriesischer Hallig gefunden

Am Ufer der Hallig Hooge im nordfriesischen Wattenmeer entdeckte der Seehundjäger Werner Boyens Ende März einen 50 Zentimeter langen, tot angespülten Stör. Der urtümliche Fisch, der seit über 40 Jahren in Deutschland ausgestorben ist, konnte nun vom Fischexperten der Schutzstation Wattenmeer als Irrläufer einer im Schwarzen Meer beheimateten Störart identifiziert werden. "Wir hatten gehofft, es wäre der echte Europäische Stör, der seit 2009 in einem Nebenfluss der Elbe wieder angesiedelt wird. Leider ist es aber nur der Russische Stör, der in Gartenteichen gehalten wird. Vermutlich hat ein Teichbesitzer ihn in einen Fluss geworfen, weil er ihm zu groß wurde", erläutert Rainer Borcherding von der Schutzstation Wattenmeer.

Bis zu 5 Meter lang und über 100 Jahre alt wird der Europäische Stör, der früher aus der Nordsee zu seinen Laichplätzen in Elbe, Rhein, Weser und Eider die Flüsse hinauf schwamm. Der Bau von Staudämmen und eine rücksichtslose Fischerei zur Kaviar-Gewinnung haben den Stör in Deutschland ausgerottet. Das vorletzte Exemplar wurde 1969 vor laufenden Fernsehkameras aus der Eider gezogen und getötet. Das allerletzte Exemplar schwimmt seit über 50 Jahren im Aquarium auf Helgoland im Kreis und ist der vermutlich einsamste Fisch der Welt. Eine nahe verwandte Störpopulation überlebte in der Gironde in Frankreich. Von dort werden Jungfische seit 2009 im Flüsschen Oste am Unterlauf der Elbe wieder angesiedelt.

Der auf Hallig Hooge gefundene Stör gehört zu einer Art mit dem kuriosen deutschen Namen "Waxdick". Der Waxdick lebt im Schwarzen Meer und liefert den kostbaren Ossietra-Kaviar. Bis etwa 1900 schwamm er die Donau hinauf bis nach Bayern, ist also ein ehemals auch in Deutschland heimischer Fisch - nur eben nicht in der Nordsee.

Der Waxdick wird 2,5 bis 3 Meter lang und ist unter den weltweit 25 Störarten noch eine der weniger gefährdeten Arten. Er kann leicht in Gefangenschaft gezüchtet werden und kommt neuerdings als Zierfisch in Gartenteichen in Mode. Ob es im Bereich der Donau erlaubt ist, zu groß gewordene Teichbewohner in die Natur zu entlassen, muss mit Naturschutzbehörden geklärt werden.

Störe sind eine sehr urtümliche Fischfamilie, die seit 200 Millionen Jahren fast unverändert die Meere und Flüsse der Nordhalbkugel bewohnt. Da die meisten Störe sehr groß und alt werden, kostbaren Kaviar liefern und durch Staudämme leicht von ihren Laichgründen abgeschnitten werden können, sind fast alle 25 Störarten der Welt stark gefährdet. Ähnlich traurig wie das Schicksal des letzten Nordsee-Störs auf Helgoland ist der Zustand des Alabama-Störs, von dem vermutlich nur noch ein Männchen im Alabama River schwimmt. Der fischfreundliche Umbau und Rückbau von Staudämmen und Kraftwerken ist eine wichtiges Naturschutzanliegen, um Stör, Lachs, Neunauge und anderen gefährdeten Fischarten eine Bestandserholung oder Wiederansiedlung in unseren Flüssen zu ermöglichen.

Irrgast mit kuriosem Namen: Waxdick oder Russischer Stör (<i>Acipenser gueldenstaedtii</i>) <br>Foto: Daniel Döhne, GNU-Lizenz, Wikipedia Commons