Barfuß-Forschung im Wattenmeer

Schlicktester im Nationalpark

Ausgerüstet mit Küchensieb, Wattspaten, Stechröhre Wäscheleine und Küchensieb begeben sich derzeit die Mitarbeiter zahlreicher Schutzstationen entlang der Westküste Schleswig Holsteins ins Watt. Wie jedes Jahr um diese Zeit kontrollieren die jungen MitarbeiterInnen der Naturschutzgesellschaft Schutzstation Wattenmeer e. V. ausgesuchte Schlickflächen im Nationalpark auf ihre biologische Qualität.

Da wird vermessen, gezählt und die Artenvielfalt bestimmt. Wieviele Herzmuscheln leben zur Zeit auf einem Quadratmeter Wattboden und wie alt sind die Tiere geworden? Wattwürmer und Bäumchenröhrenwürmer werden mit gleicher Akribie auf den festgelegten Probeflächen untersucht, wie Wattschnecken und Schlickkrebse. Diese "Wattkartierung" ist eines von zahlreichen Monitoring-Programmen der Schutzstation Wattenmeer und wird zweimal im Jahr, im März und August, durchgeführt.

Mittels der einfachen "Barfuß-Forschung" sollen langfristige und großräumige Veränderungen an der Basis der marinen Nahrungspyramide im Wattenmeer entdeckt und besser einschätzbar werden. Seehunde und Seeschwalben, Schollen und Schweinswale sind als End- und Mittelglieder des Nahrungsnetzes auf ein intaktes Bodenleben im Watt angewiesen. "Wenn im Schlick großflächig etwas faul ist, wirkt sich das eben auf das ganze Ökosystem aus", erläutert Lothar Koch, Biologe bei der Schutzstation Wattenmeer und erinnert an die "Schwarzen Flecken", die vor einigen Jahren teilweise großflächig im Watt auftraten. "Von unserer Wattkartierung erhoffen wir uns langfristig mehr Informationen über natürliche Veränderungen in Bezug auf Tierdichten und Artenspektrum des Wattbodens, sowie über die natürliche Dynamik im Nationalpark Wattenmeer", so Koch weiter. Um vergleichbare Daten zu gewinnen ist die Methode der Wattkartierung genau festgelegt worden. So wurden repräsentative Probestrecken zwischen Friedrichskoog und Sylt ausgewählt, an denen die Stichprobeflächen liegen. Auch der Einsatz der einfachen Gerätschaften ist genormt. So wird sichergestellt, daß immer wieder das gleiche Wattgebiet untersucht wird und die Daten vergleichbar bleiben. Dabei werden nicht nur die Tier-und Pflanzenarten bestimmt, gezählt und untersucht, sondern auch der Bodentyp und die Dicke der unterschiedlichen Wattbodenschichten registriert.

Mit Abschluss des Jahres kann die Schutzstation Wattenmeer bereits auf eine zehnjährige Dauer der Wattkartierung zurückblicken. Die Fülle von Datenmaterial soll dann möglichst bald im Rahmen von Diplomarbeiten ausgewertet werden. "Dann haben wir ein "Referenzjahrzehnt" von Informationen über den Nationalpark-Schlick, welches die Beurteilung ob und welche Veränderungen für das Ökosystem normal oder bedrohlich sind, in Zukunft einfacher und treffsicherer machen könnte", so Koch.