Havarie der "Fremantle Highway"

Gefahr für das Wattenmeer

Die Schutzstation Wattenmeer ist besorgt über die aktuelle Havarie des Auto-Transportschiffs "Fremantle Highway" vor den Westfriesischen Inseln. In der Nacht zum Mittwoch war das knapp 200 Meter lange Schiff, beladen mit über 3.000 PKW und anderen Fahrzeugen, nördlich der Insel Ameland in Brand geraten. Die Besatzung wurde nach vergeblichen Löschversuchen evakuiert. Eine Person kam ums Leben. 

Die "Fremantle Highway" wird nach Information der Niederländischen Küstenwache von wechselnden Schleppern zurzeit zwischen den Fahrspuren des Verkehrstrennungsgebiets Terschelling - German Bight gehalten. Die Position am Donnerstag-Nachmittag lag knapp 40 Kilometer westlich des ursprünglichen Unglücksorts. Die Entfernung zu den Wattenmeerinseln beträgt zurzeit ca. 16 Kilometer.

Katharina Weinberg, Naturschutzbereichsleiterin der Schutzstation Wattenmeer, sieht in der Havarie eine konkrete Gefahr für das Weltnaturerbe Wattenmeer: "Durch die große Hitze können die Wände des Schiffes und somit das gesamte Schiff instabil werden. Sollten davon auch die Bunker, die Öltanks des Schiffes, betroffen sein, steuern wir auf eine handfeste Ölkatastrophe zu." Nach Angaben des Bundesumweltministeriums hat die "Fremantle Highway" Vorräte von 1.600 Tonnen Schweröl und weiteren 200 Tonnen Marinediesel an Bord.
Weinberg weiter: "Die Situation eines brennenden Schiffs erinnert stark an die Havarie des Holzfrachters "Pallas" vor knapp 25 Jahren. Dieser hatte im Oktober 1998 insgesamt 700 Tonnen Öl an Bord, von den knapp 250 Tonnen austraten. Vor der Nordfriesischen Küste verendeten damals mindestens 16.000 verölte Vögel.
Hoffentlich gelingt es jetzt, den Frachter so zu stabilisieren, dass keine weitere Gefahr von ihm ausgeht. Sollte Öl austreten oder der Frachter sinken, wären die Folgen unabsehbar."

Die südliche Nordsee ist eines der verkehrsreichsten Meeresgebiete weltweit. Die Gefahr von Havarien mit Verlust von Ladungen oder dem Austritt von Schadstoffen besteht schon lange. Mit dem Bau vieler Offshore-Windparks nah den den Hauptschifffahrtsrouten und gefährlicheren Ladungen wie jetzt möglicherweise schadhaften Akkus steigt das Risiko häufigerer Havarien. Zugleich können mit wachsender Schiffsgröße auch einzelne Vorfälle größere Auswirkungen haben (siehe Havarie der "MSC Zoe").
Das Weltnaturerbe Wattenmeer, die einzige dreistaatliche Welterbestätte überhaupt, könnte mit seinen 450 Kilometer langen und bis zu 40 Kilometer breiten Gezeitenbereichen insbesondere durch Ölunfälle großen Schaden nehmen. Nicht nur Hundertausende Vögel wären in Gefahr. In weiche Schlickwattbereiche vordringendes Öl kann dort kaum entfernt werden und würde die Umwelt auf viele Jahre schädigen.

Frachter mit großer Rauchwolke
Die brennende "Fremantle Highway" gestern vor der Niederländischen Wattenmeerküste.
Wärmebild mit großen gelb leuchtenden Bereichen des Schiffs
Dieses Wärmebild zeigt die großflächig erhitzte Bordwand.
Brennender Frachter mit mehreren Hilfsschiffen in der Nähe
Der Hochsee-Bergungsschlepper Nordic versucht, von außen die Bordwand zu kühlen. Das Wasser darf jedoch nicht in den Frachter gelangen, um dessen Schräglage nicht noch zu verstärken.
Brennende "Pallas" 1998 bei Amrum
Der Brand der "Fremantle Highway" weckt Erinnerungen an die Havarie der "Pallas" im Oktober 1998. Der vom Feuer geschwächte Rumpf brach. Knapp 250 Tonnen austretendes Öl führten zum Tod von mindestens 16.000 Seevögeln. Glücklicherweise waren Wattflächen kaum betroffen.
Überraschungsei von 2017 im Sommer 2023
Noch heute findet man am Strand Zeugnisse einer Havarie vor sechseinhalb Jahren: Überraschungsei aus zerbröselndem ausgeblichenen Plastik. Öl im Watt hätte hingegen weit drastischere und längere Folgen.