Jahreswechsel im Watt

Zu warm, zu kalt?

Ein kräftiger südwestlicher Wind brachte zum Jahresende nicht nur hohe Wasserstände und fliegenden Sand mit sich, sondern auch sehr milde Temperaturen. In Elpersbüttel am Meldorfer Speicherkoog wurden mitten in der Silvesternacht über 13 Grad gemessen. Manche Vögel scheinen dadurch schon wieder an den Frühling zu denken. Gestern flogen jedenfalls vor Eiderstedt Hunderte Ringelgänse in vielen Trupps nordwärts. Vielleicht waren sie vor dem Schnee Mitte Dezember in Richtung Holland ausgewichen und nutzten jetzt die Wärme und den Rückenwind, um wieder auf die Halligen zurückzukehren. 

Das Meerwasser ist aber dennoch nur um vier Grad kühl, so dass für etwa für Krebse ganz klar Winter ist. Wenn man sie überhaupt findet, wirken wärmeliebende Einwanderer wie der Diogenes-Einsiedlerkrebs wie eingefroren. Im Sommer und Herbst hatten sie sich immer blitzschnell eingegraben. Jetzt liegen sie teilweise apathisch auf dem Rücken und dürften so sogar für Sanderlinge oder Alpenstrandläufer zum gefundenen Fressen werden. Die heimischen "Gewöhnlichen Einsiedler" scheinen hingegen mit dem kalten Wasser besser zurecht zu kommen. Beobachtungen der eben genannten Einsiedlerkrebse sowie des aus Amerika eingeschleppte Langarm-Einsiedlers kann man übrigens gern im Strandfunde-Internetportal BeachExplorer melden. Denn zurzeit wird erforscht, wie sich die Bestände dieser drei Arten ganz unterschiedlicher Herkunft im Wattenmeer entwickeln.

Mehr über das winterliche Watt erzählen auch gern unsere Freiwilligen, die insbesondere bis zum kommenden Wochenende noch fast täglich Veranstaltungen rund um ihre jeweiligen Stationen anbieten. Die Termine stehen hier im Kalender.

Fliegende Sandfahnen vor Westerhever
In den letzten Tagen des Jahres ließ ein kräftiger Wind auf Sandbänken und selbst manchmal auf hohen Wattflächen den Sand fliegen.
Zwei Freiwillige in fliegendem Sand
Bei Sonnenlicht wirkten die Schwaden fast wie Schnee. Auch diese beiden "Schutten"-Freiwilligen waren offenbar fasziniert von diesen Eindrücken.
Station Westerhever im Dunkel hinter hellem fliegenden Sand
Ihre Station am Leuchtturm Westerhever hatte in diesem Augenblick noch weniger Sonne.
Diogenes-Einsiedler auf dem Rücken im Spülsaum
Das Wasser ist im Watt etwa 4 Grad kalt. Dieser aus dem Südwesten eingewanderte Diogenes-Einsiedlerkrebs würde sich normalerweise schnell eingraben. Die Kälte scheint ihn aber so zu lähmen, dass er bewegungslos auf dem Rücken liegt und nicht einmal die Beine einzieht.
Einsiedlerkrebs in Gehäuse einer Wellhornschnecke
Ein heimischer "Gewöhnlicher Einsiedlerkrebs" ist an der orange-braunen Innenkante der großen Schere zu erkennen. Er scheint mit dem kalten Wasser besser zurechtzukommen. Blitzschnell ist er tief im Schneckengehäuse verschwunden. Übrigens sind hier auch Seepocken, Seerinde, winzige Stachelpolypen und rechts unten eine Pantoffelschnecke zu sehen. Artenvielfalt im Kleinen.
Sonnenhof über dem Watt
Am Neujahrstag war es bei sonnigem Wetter an der Westküste sehr mild. Erst kilometerhoch entstanden in dünnen Wolken kleine Eiskristalle, an denen sich der auffällige kreisförmige Sonnenhof bildete.
Ringelgänse nah vorbeifliegend
Mit dem warmen Südwestwind zogen immer wieder Ringelgänse vor der Küste nach Norden.
Gänsetrupp vor dem Böhler Leuchtturm
Meist flogen die Gänse wie hier vor St. Peter-Ording nur flach über Watt und Wasser dahin.
Grüne Blätter des Löffelkrauts
Die steigenden Temperaturen und das Sonnenlicht nutzen offenbar auch schon die Löffelkräuter. Mit frischem Grün sammeln sie auch im Winter Vorräte, um Ende März / Anfang April als erste Pflanzen der Salzwiese zu blühen.