Kegelrobben auf Helgoland geboren

Woher kommen die Kegelrobben?

Wie erst jetzt in Fachkreisen bekannt wurde, werden auf Helgoland mindestens seit 1996 junge Kegelrobben geworfen. Im vergangenen Winter konnten dort sogar fünf Geburten registriert werden. Dies berichtet der Biologe Florian Graner in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Seevögel (Verein Jordsand).

Nach Angaben des Tierfotografens Armin Maywald könnte es sich bei einem von ihm Mitte Dezember auf "Helgoland Düne" fotografierten Jungtier sogar um ein weiteres, sechstes, bislang nicht wissenschaftlich erfasstes Kegelrobbenbaby der handeln.

Offensichtlich hat sich bei Helgoland in den vergangenen Jahren,weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, ein zweiter, bedeutender Reproduktionsort der Kegelrobben in deutschen Hoheitsgewässern etabliert. Bislang war nur die einzige deutsche Wattenmeer-Wurfkolonie der Kegelrobben auf den Knobsänden bei Sylt und Amrum bekannt, die seit über zehn Jahren Kerngebiet eines Schutz- und Beobachtungsprojektes der Schutzstation Wattenmeer ist.

Kegelrobben scheinen an der deutsch-niederländischen Nordseeküste zunehmend wieder "Fuß" (Flosse) zu fassen. Trotz der von Stürmen und Strömungen in Mitleidenschaft gezogenen Mutterbank im Wattenmeer hatten die Robben auch hier diesen Winter guten Erfolg: Die diesjährige Geburtenzahl im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer wird seitens der Schutzstation auf 13 Jungtiere geschätzt. Mindestens eines der Robbenbabies kam direkt auf dem Amrumer Strand unweit der erodierenden Wurfbank zur Welt. Auf dem Kniepsand wird seit einigen Jahren seitens des Amrumer Vereins "Öömrang Ferian" eine winterliche Ruhezone für die Tiere eingerichtet.

Ein anderes der weißwolligen Jungtiere wurde überregional bekannt, weil es sich vor dem Orkan Anatol im Dezember 99 auf den Wittdüner Fähranleger rettete und dort täglich, über drei Wochen lang, auf den Hafenanlagen vom Muttertier gesäugt wurde.

Die diesjährige, für die Wattenmeerkolonie geschätzte Nachwuchszahl entspricht dem besten Wurferfolg der Kegelrobben seit Beginn der regelmäßigen Beobachtungen der Knobsände im Jahre 1988/89. Drei Jungtiere wurden im Laufe der Säugezeit tot aufgefunden.

Im Mittelalter, so lassen Ausgrabungen von Knochen an Siedlungsplätzen vermuten, waren Kegelrobben an unserer Küste zahlreicher als Seehunde. Aufgrund ihrer Wurfbiologie, -die im Winter geborenen Jungtiere meiden das kalte Wasser möglichst in den ersten Tagen/Wochen nach der Geburt-, sind Kegelrobben jedoch auf höher gelegene Wurfplätze angewiesen. Geeignete Strände waren und sind gut für den Menschen zugänglich. So wird vermutet, dass die Kegelrobben mit zunehmender Besiedlung des Küstenraumes durch Bejagung und Störung von der Wattenmeerküste verdrängt wurden.

Erst seit Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts wurden von lokalen Skippern wieder Robben dieser Tierart unter den im Wattenmeer zahlreich vorhandenen Seehunden gesichtet. Seit Mitte der Achtziger Jahre entwickelt sich rasant ein Kegelrobbensbetand zwischen Vlieland und Terschelling im holländischen Wattgebiet. Hier wird die Gesamtzahl rastender Alttiere mittlerweile auf über 500 Exemplare geschätzt. Letzten Winter wurden dort über 100 Jungtiere gezählt.

Die Kolonie auf den Knobsänden wird seit 1988/89 seitens der Schutzstation Wattenmeer intensiv beobachtet. Hier haben sich die Rast und Wurfzahlen im Laufe der Jahre leicht gesteigert. Über 130 Tiere wurden dort schon nachgewiesen.

Zusammen mit den helgoländer Tieren liegt die Anzahl von Kegelrobben in schleswig-holsteinischen Nordseegewässern also wahrscheinlich irgendwo zwischen 150 und 200 Tieren. Allerdings werden darunter viele Durchzügler vermutet, die nicht das ganze Jahr hier verweilen. Die eigentlichen Wurfbestände werden im Nationalpark auf bis zu 50 Tiere und bei Helgoland auf ca. 20 Alttiere geschätzt.

Wissenschaftler in Holland und in Schleswig Holstein rätseln schon länger über die Herkunft der hiesigen Kegelrobben. Bislang ist wenig über die Zusammensetzung der verschiedenen Wurfkolonien hinsichtlich unterschiedlicher Altersklassen, Geschlechterverhältnisse und weiterer Parameter bekannt, bzw. wissenschaftlich ausgewertet.

Die Wurfplätze der südlichen Nordsee unterscheiden sich etwas in ihren Wurfperioden. So liegt in Holland und auf Helgoland der Geburten-Peak Ende Januar, während bei den Knobsänden die meisten Geburten Anfang Dezember verzeichnet werden.

Bekannt ist, dass sich sowohl ausgewachsene Kegelrobben, als auch abgestillte Jungtiere in kurzer Zeit hunderte von Kilometern von ihrem Wurfplatz fortbewegen. So wurde dieses Jahr eine von Seehundsjägern auf Sylt farbmarkierte Jungrobbe nach deren Angaben ca. zwei Wochen später auf Langeoog wiedergefunden.

Vermutet wird ein Einwandern von Kegelrobben aus den großen britischen Kolonien in die südliche Nordsee. Ob dem tatsächlich so ist, soll eine wissenschaftliche Analyse von Kai Abt aus dem Institut für Meereskunde der Uni Kiel ergeben, die noch in Arbeit ist und u.a. auch ganz wesentlich auf den seitens der Schutzstation Wattenmeer zusammengetragenen Daten basiert.

Diese junge Kegelrobbe wurde am 13.4. um 8.00 Uhr am Haupstrand Westerland/Sylt entdeckt. Das Tier ist nach Angaben sylter Seehundjäger 115 cm lang und 21 kg schwer. Deutlich ist auf den Fotos die Bauchverölung zu sehen. Das Tier robbte immer wieder vom Wasser fort in Richtung Düne. Es zeigte keine Fluchtreflexe vor Menschen, fauchte jedoch wenn diese zu nah herankamen. Der zuständige Seehundjäger transportierte das Tier ab und unternahm mehrere Aussetzungsversuche per Schiff vor List doch das Tier kehrte immer wieder zum Strand zurück. Am 17.4. setzte er das Tier von Bord der Adler IV bei den Knobsänden südlich von Hörnum aus. Mittlerweile hatte sich das Jungtier den größten Teil des Öls wieder aus dem Fell geschubbert. Ob das Tier durch die Verölung nachhaltig geschädigt wurde kann derzeit nicht beurteilt werden. Auch ist nicht bekannt, ob das diesjährige Tier von der Holländischen, der Amrumer oder der Helgoländer Kolonie stammt.