Kitesurfurteil: Katastrophe für Vögel im Nationalpark

Reform der Befahrensverordnung überfällig

Kitesurfer können Vogelschwärme im niedersächsischen Nationalpark Wattenmeer nun auch in ihren Ruhezonen beeinträchtigen, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Das ist das Ergebnis eines Verfahrens (Berufung) vor dem Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (OVG). Nach dem jüngsten Beschluss des OVGs handelt es sich bei der Kombination aus Surfbrett und Lenkdrachen um ein Wasserfahrzeug, für das es in der gültigen Bundesverordnung bisher keine Einschränkung gibt. Bei Flut wird das Wattenmeer nämlich zu einer Bundeswasserstraße, die Vorrang vor den Nationalparkgesetzen der Länder mit ihren Beschränkungen für den Kitesport genießt.

„Das ist eine Katastrophe für die rastenden Wat- und Wasservögel im Wattenmeer“, sagt Katharina Weinberg, Naturschutzreferentin der Schutzstation Wattenmeer. Zugvögel, die auf Wattflächen nach Nahrung suchen, seien besonders anfällig für Störungen durch Kiter, die auch auf große Distanz eine Scheuchwirkung verursachten. „Die Vögel sind gezwungen, immer wieder aufzufliegen und verbrauchen dabei Energie, die sie für ihren Flug in die Überwinterungsgebiete benötigen. Besonders für Arten, die unter den Folgen des Klimawandels leiden, wie der Knutt, ist das eine zusätzliche Belastung“, so Weinberg.

„Die Bundesbehörden müssen endlich tätig werden“, fordert die Naturschützerin und mahnt die seit 1997 ausstehende Novellierung der Befahrensregelung für das Wattenmeer an. „Die Zugvögel im Nationalpark können keine weiteren 20 Jahre warten, bis hier etwas passiert, zumal es bereits einen Antrag gibt, der bis heute nicht bearbeitet wurde“, sagt sie.

Aus Sicht der der Naturschützer war die bisherige Regelung im niedersächsischen Wattenmeernationalpark ein guter Kompromiss zwischen Naturschutz und Wassersport. Nun sei allerdings zu befürchten, dass die OVG-Entscheidung auch in Schleswig-Holstein negative Auswirkungen durch das Kiten im Nationalpark haben könnte.

Position der Schutzstation Wattenmeer zum Kitesurfen im Nationalpark

Die Nationalparke im Wattenmeer umfassen zahlreiche bedeutende Vogelrastgebiete. Auf ihren Zugwegen kommen jedes Jahr bis zu 12 Millionen Vögel hierher. Im Wattenmeer tanken sie für den Weiterflug auf. Viele nutzen auch den Nahrungsreichtum für den jährlichen Gefiederwechsel.
Mit dem Naturschutz abgestimmte Kitegebiete beeinträchtigen die Vögel kaum. Aber schon einzelne Fahrer außerhalb dieser Gebiete können zu starken Störungen führen.