Kriegserklärung gegen die Natur

Wieder Raketentest im Nationalpark - Schutzstation Wattenmeer protestiert

Zeitlich parallel zum Kriegs-Countdown am Golf, laufen auch die Vorbereitungen zur Waffenerprobung im Nationalpark Wattenmeer. Das Bundesverteidigungsministerium hat den Abschuss einer Rakete mit 11 km Reichweite in Deutschlands größtes Natur-Schutzgebiet wieder einmal von höchster Stelle genehmigt. In der Ankündigung der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen-WTD 71-, heißt es lapidar und verharmlosend: "...das Warngebiet Meldorfer Bucht ist für folgenden Zeitraum aktiviert: 20.3.2003 - 22.3. und 24.3. - 25.3.2003. Vorhaben: Flugkörperversuch/ Hubschrauber im Einsatz."

"Neben der Detonation durch den Raketenabschuss, geschieht die übliche, flächendeckende, großräumige Vergrämung der geschützten Vogelwelt vor allem durch Hubschraubereinsätze und Suchkommandos, die vor und nach dem Abschuss zum Einsatz kommen "sagt Lothar Koch, Sprecher der Schutzstation Wattenmeer: "Der Bund unterläuft mit seinen Dienstleistungen für die Waffenindustrie in Deutschlands größtem Nationalpark die Schutz-Bemühungen der ehrenamtlichen Naturschutzverbände und des Nationalparkamtes sowie die Bemühungen der Region um ein ruhiges Urlaubsgebiet.

Die Natur hält sich nicht an das vereinbarte "zeitliche Fenster" zwischen November und März, in dem angeblich mangels Vögel keine Störungen zu erwarten sind. Die Rastvogelstatistiken weisen darauf hin, dass, vor allem in milden Wintern, immer mehr Vögel bei uns im Wattenmeer bleiben, statt fortzuziehen. Zur Zeit wird mit dem Einsetzen des Vogelzuges in der Meldorfer Bucht mit bis zu 20 000 Vögeln gerechnet, vor allem Knutts, Weißwangengänse, Brachvögel Säbelschnäbler, Austernfischer und Silbermöwen.

"Der staatliche Raketenschuss in den Nationalpark trifft voll daneben, nämlich den Steuerzahler und die Natur." wettert Lothar Koch, Sprecher der Schutzstation Wattenmeer. In der Tat wurden in den vergangenen Jahren mehrmals 500 000 Euro teure Raketenschüsse, entgegen der Bundeswehrplanung, buchstäblich in den Sand gesetzt: Ein "Hochgeschwindigkeitsflugkörper" bohrte sich tief in den Schlick und musste aufwendig ausgebaggert werden, ein anderer konnte wehrtechnisch nicht ausgewertet werden, weil sie an unbekannter Stelle in einem Wattpriel versank.

SPD und Grüne hatten sich über ihre Bundestagsfraktionen in Bonn stets für eine Schließung des seit 1969 genutzten Erprobungsgebietes der Waffenindustrie im Bereich der Meldorfer Bucht ausgesprochen. Noch im März 2000 hatten die Rot-Grünen Landesparteien durch den Koalitionsvertrag ihre naturschutzorientierte Auffassung beteuert: ..."Die Waffenerprobungen sind grundsätzlich mit den Schutzzielen eines Nationalparks nicht vereinbar." Doch auch unter dem neuen "rot-grünen" Verteidigungsminister wird weiter in den Nationalpark gefeuert. Dabei verweist man auf Verträge mit der Waffenindustrie, die nicht aufkündbar seien. Mit einem Schreiben an die Bundestagsfraktion der Grünen hat die Schutzstation Wattenmeer gegen diese Laisser faire-Haltung erneut protestiert.