Langlebige Austernfischer
36 Jahre alter Vogel auf Hallig Hooge gefunden
Im Rahmen unserer Betreuungsarbeit kommt es immer wieder zu interessanten Einzelbeobachtungen. So fand unser Hooger Stationsleiter Michael Klisch am 4. Mai auf der Hallig einen toten, äußerlich unversehrten Austernfischer. An einem Bein trug dieser einen Metallring der Vogelwarte Helgoland. Die Rückmeldung des Instituts ergab nun, dass dieses Individuum am 19. März 1988 im Beltringharder Koog als vorjähriges Tier gefangen und mit dem Ring markiert worden war. Am Fang beteiligt war damals Barbara Ganter, die heute unsere vogelkundlichen Programme koordiniert. Sie fand jetzt in einem ihrer alten Notizbücher die fein säuberlich festgehaltenen Daten der damaligen nächtlichen Fangaktion. Angesichts der Zeitspanne meinte sie, dass sie sich nun selber ebenfalls "ganz schön alt" vorkäme.
Im Jahr 1993 hatte ein Zivi der Schutzstation übrigens einen über viele Jahre gültigen Altersrekord für Austernfischer festgestellt. Damals stutzte Georg Dechert, als ein Sperber vor St. Peter-Ording einen Austernfischer erlegen konnte. Eigentlich war der Watvogel viel zu groß für den Greif, der sonst eher auf Singvögel spezialisiert ist.
Anhand eines Metallrings stellte sich heraus, dass der Austernfischer bereits 1949 markiert wurde und somit bei seinem Tod schon 44 Jahre alt war. Erst 2016 fanden holländische Wissenschaftler einen Austernfischer, der sogar 46 Jahre alt wurde.
Austernfischer werden im Höchstalter sogar noch von anderen Küstenvögeln übertroffen. So sollen Silbermöwen 49 Jahre alt werden. Ein Laysan-Albatros im Pazifik brütete sogar noch im Alter vom mindesten 66 Jahren.
Für den Naturschutz ist die Langlebigkeit dieser Arten auch eine Herausforderung. Austernfischer können über viele Jahre an ihren Revieren festhalten, selbst wenn sie dort keinen Bruterfolg haben. Allein die Erfassung der Brutpaare reicht also nicht aus, um zu bewerten, wie stabil der Bestand ist. Enthält eine Population ausreichend jüngere Vögel, ist ihre Zukunft wohl gesichert. Besteht sie jedoch überwiegend aus sehr alten Vögeln, kann es sein, dass ein Bestand irgendwann scheinbar plötzlich zusammenbricht.
Für Arten, für die der Nationalpark Wattenmeer als Brutgebiet besonders wichtig ist, wird daher neben dem Brutbestand stichprobenartig auch der Bruterfolg erfasst. Treten besondere Probleme auf, wie derzeit auf den Halligen, wird der Bruterfolg sogar sehr detailliert mit Nestkameras untersucht, um die Ursachen schnell zu erkennen und Abhilfe schaffen zu können.