Seltener Entenwal im Sylter Watt gestrandet

Junges Tier war stark geschwächt

 

Am 27.8.2025 wurde am Sylter Ellenbogen ein Wal gesichtet, der in Richtung Südosten verschwand. Am Tag darauf wurde im Watt bei Munkmarsch wohl das selbe, etwa 3,8 Meter lange, Tier entdeckt, das in Kreisen schwamm. Es wurde von Urlaubern nach einer Grundberührung zurück ins Wasser geschoben, strandete aber endgültig am 29. August. Der Wal war extrem abgemagert und hatte Hautschäden am linken Auge und Unterkiefer. Er wurde vom zuständigen Seehundjäger nach Rücksprache mit den Naturschutzbehörden erschossen, um ihm einen quälend langsamen Tod zu ersparen.

Bei dem Tier handelte es sich um ein zwei bis drei Monate altes Jungtier des Nördlichen Entenwals (Hyperoodon ampullatus), der zu der nur wenig erforschten Familie der Schnabelwale gehört. Schnabelwale leben in Kleingruppen auf hoher See und kommen selten in Küstennähe. Noch immer werden neue Arten aus dieser über 20 Arten umfassenden Walfamilie entdeckt.
Der Nördliche Entenwal lebt im Atlantik von Westafrika und Florida bis nach Grönland und Spitzbergen. Er wird bis zu zehn Meter lang und 7,5 Tonnen schwer. In der nördlichen Nordsee und rund um die britischen Inseln werden die Tiere regelmäßig, aber selten beobachtet. Aus der südlichen Nordsee gibt es einzelne Meldungen von 2020 und 2023 aus der Scheldemündung in den Niederlanden. Im Januar 2006 strandete ein verirrter Entenwal in der Themse mitten in London.

Entenwale können 1,5 Kilometer tief tauchen und ernähren sich ganz überwiegend von Tintenfischen, die sie mit ihrem Echolot in der Finsternis der Tiefsee orten. Gelegentlich wurden auch Fischreste, Garnelen und Seesterne in ihren Mägen gefunden. Entenwale leben einzeln oder in Kleingruppen von drei bis vier und maximal 20 Tieren. Die Zusammensetzung der Gruppen wechselt, aber es gibt auch mehrjährige Partnerschaften. Die Weibchen stillen die Jungen mindestens ein Jahr lang und gebären alle zwei bis drei Jahre. Männchen, die eine hoch gewölbte Stirn über ihrem „Schnabel“ haben, rammen sich gelegentlich mit Kopfstößen. Anders als Pottwale, bei denen immer einige Alttiere die Jungen gegen mögliche Angriffe von Orcas oder Haien bewachen, lassen Entenwale ihre Jungen auch mitunter allein an der Meeresoberfläche, wenn sie zur Jagd senkrecht in die Tiefe tauchen. Wird allerdings ein Entenwal von Walfängern verletzt, bleibt der Rest der Gruppe bei dem Opfer, obwohl die Tiere nicht mit einander verwandt sind.

Nach der Beinahe-Ausrottung der arktischen Großwale begann um 1850 die Jagd auf den Entenwal, um Spermaceti-Öl, Fett und Tierfutter zu gewinnen. Etwa 80.000 Exemplare wurden vor allem von norwegischen Walfängern getötet. 1973, als auch der Entenwal fast ausgerottet war, endete die Jagd. Seither scheint sich der Bestand, der auf etwa 40.000 Tiere geschätzt wird, langsam zu erholen.

Entenwale verunglücken relativ selten in Fischfanggeräten und scheinen auch von Plastikmüll und Schiffskollisionen nicht allzu stark betroffen zu sein. Sehr problematisch dürfte jedoch Unterwasserlärm von Ölbohrungen, Sprengungen und insbesondere von militärischem Sonar sein. Alle Schnabelwale haben ein extrem empfindliches Gehör und es gibt immer wieder gehäufte Strandungen, die mutmaßlich mit geheimen Militäraktivitäten zusammenhängen. Rund um die britische Marinebasis Gairlochhead wurden wiederholt Strandungen beobachtet. 2025 gab es Ende Juli und Anfang August insgesamt 15 Strandungen verschiedener Schnabelwale rund um die Nordsee, was ebenfalls die Frage aufwirft, ob hier ein einzelnes extremes Lärmereignis die Ursache gewesen sein könnte.
Ob das bei Sylt gestrandete Entenwal-Baby natürlicherweise krank war oder womöglich durch menschliche Störungen von seiner Mutter getrennt worden war, wird möglicherweise die Obduktion des Tieres durch die Tierärztliche Hochschule Hannover ergeben, deren Ergebnisse bislang nicht vorliegen.

Einen Überblick über Strandungen von Walen im Wattenmeer gibt das Strandfunde-Internetportal BeachExplorer. Hier geht es direkt zu den Seiten der Barten- und der Zahnwale.

 

Entenwal im Flachwasser
Der Entenwal im flachen Wasser bei Munkmarsch. Typisch die schmale Schnauze.
Entenwal auf dem Watt
Das Tier war so stark abgemagert und geschwächt, dass nicht mehr versucht wurde, es mit der Ebbe erneut in tieferes Wasser zu transportieren.