Vogelgrippe verursacht neues Seehundsterben

Länderübergreifende Erforschung des Seuchenherdes gefordert

Seit Anfang Oktober 2014 werden an den Stränden der deutschen und dänischen Nordseeküste vermehrt geschwächte oder tote Seehunde gefunden, davon bisher über 800 tote Tiere auf den nordfriesischen Inseln sowie auf Helgoland.

Seit dem 24.10.14 liegen offizielle Untersuchungsergebnisse der Tierärztlichen Hoch- schule Hannover vor. Die Experten konnten in sezierten Tieren den Vogelgrippevirus H10N7 nachweisen. Zuvor hatten dänische Forscher in toten Tieren aus der Ostsee den gleichen Virustyp identifiziert. Wenn die Influenzaviren bisher auch nicht bei Seehunden bekannt waren, der Bestand dieser Robben im Wattenmeer ist nach dem jetzigen Krankheitsverlauf zum Glück nicht bedroht.

Trotzdem wirft das erneute Seehundsterben Fragen auf. „Es ist rätselhaft, warum die ersten erkrankten Tiere wie bei den beiden großen Staupe-Epidemien nahe der dänischen Insel Anholt in der Ostsee gefunden wurden“, sagt Meeressäuger-Expertin Silvia Gaus von der Schutzstation Wattenmeer. Ausgehend von der kleinen Ostseepoulation der Seehunde breitete sich die Seuche damals in die Nordsee aus, wo ihr 2002 über 20.000 Tiere zum Opfer fielen. Viele mögliche Ursa- chen der Epidemie wurden damals diskutiert, die Erregerquelle konnte aber nicht abschließend ermittelt werden.


Auch jetzt sind die Hintergründe weitgehend ungeklärt. Klar ist lediglich, dass es sich bei der Influenza um einen völlig anderen Virentyp als bei der Staupe handelt. „Wir fordern eine länderübergreifende Ursachenforschung über die Ansteckungsquelle“, sagt Gaus.

Die hohe Schadstoffkonzentration in Seehunden könnte einen Einfluss auf die Ausbreitung neuer Krankheiten haben. Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2011 sind küstennah lebende Seehunde stark mit Schwermetallen, PCBs und Pestiziden belastet, die ihr Immunsystem beeinflussen und sie möglicherweise anfälliger für Erkrankungen machen. Teilweise seit über 30 Jahre verboten haben sich die mit der Nahrung aufgenommenen Gifte in den Tieren angereichert.

Für Seehunde, die an der aktuellen Influenza erkrankt sind, gibt es weder Heil- noch Impfmöglichkeit durch den Menschen. Deshalb sollte von toten oder erkrankten Seehunden immer ein ausreichender Sicherheitsabstand eingehalten werden. Seehunde sind Wildtiere, die von Krankheiten oder Parasiten befallen sein können, die auf den Menschen übertragbar sind. Hunde sollten in der Nähe von Meeressäugern immer angeleint werden.