Vom Sturm an den Strand gefegt

Lanzettfischchen, Maskenkrebse und Schwertmuscheln angetrieben

Der Nordseestrand bietet nach den lang anhaltenden Stürmen der letzten Tage oft ein buntes Bild: Seesterne, Muscheln, Krebse und manchmal auch erschöpfte Seevögel sind vielerorts am Ufer zu finden. „Teilweise kommt es zu Massenstrandungen von Seesternen, Herzseeigeln oder Schwertmuscheln“, berichtet Biologe Rainer Borcherding von der Schutzstation Wattenmeer. Das zeige deutlich, dass die Sturmwellen den Meeresboden regelrecht „leerfegen“. Der tosende Seegang wirbelt den lockeren Sandgrund auf und rollt die ausgegrabenen Bodentiere so lange hin und her, bis sie entkräftet oder tot zu Tausenden am Strand landen. „Ob die Stürme längerfristige Folgen für die Tierwelt haben, ist unklar, denn die Wirkung solcher Naturkatastrophen ist kaum erforscht“, sagt der Biologe.

In den letzten Tagen meldeten Spaziergänger auch viele ungewöhnliche Einzelfunde beim Strandfundeportal BeachExplorer: Maskenkrebse, die nur im Winter in Küstennähe kommen oder Kammsterne, die für normale Wellen unerreichbar tief in der Nordsee leben. „Eine große Besonderheit ist das Sylter Strand gefundene Lanzettfischchen“, sagt Borcherding. Dieses etwa fünf Zentimeter lange zappelige Tierchen habe sich in der Evolution kaum verändert. Es ähnele sehr den Vorfahren aller Wirbeltiere. Lanzettfischchen leben normalerweise tief im Sand verborgen und graben sich durch schnelle Schlängelbewegungen ein. „Wenn diese Art angespült wird, muss der Nordseegrund wirklich sehr stark umgepflügt worden“, berichtet der Naturkenner. Die anhaltende Sturmwetterlage könne noch für so manche Überraschung im Spülsaum sorgen.

Auf dem Strandfundeportal BeachExplorer.org können alle Arten von Strandfunden gemeldet werden – vom Bernstein bis zur Teppichmuschel. Die Website ist auch als kostenlose App erhältlich und kann als digitales Bestimmungsbuch für über 2.000 Sorten von Strandfunden genutzt werden.

Nach der Sturmserie kam es zu einer Massenstrandung von Seesternen und Schwertmuscheln, Foto: Madeleine Kurkut
So sahen unsere Urahnen aus: Lanzettfischchen am Strand, Foto: Madeleine Kurkut
Der kälteliebende Maskenkrebs kommt nur im Winter in Küstennähe, Foto: Madeleine Kurkut