WANDA - Naturschutz digital

Vom Kontrollgang in die Datenbank

Müllteile im Spülsaum zählen, Wattorganismen kartieren, Störungen durch Hunde oder Tiefflieger dokumentieren: diese und weitere Aufgaben gehören zur Gebietsbetreuung unserer Freiwilligen. Die Daten wurden bisher auf Feldbögen und in Stationstagebüchern notiert, später in digitale Tabellen übertragen und letztlich einzeln in unserem Schutzstations-Dateienspeicher abgelegt. Die Ergebnisse der verschiedenen Stationen gemeinsam auszuwerten, war jedes Mal sehr aufwendig. Deshalb bestand schon seit Jahren der Wunsch nach einer zentralen „Naturschutz-Datenbank“. Deren Entwicklung ist allerdings so komplex, dass bereits mehrere Anläufe dazu scheiterten.
Im vergangenen Jahr gelang es endlich: mit Hilfe von Mitteln der Nationalpark-Stiftung und der international tätigen Software-Firma Nagarro, die mit Non-Profit-Organisationen zuweilen zu sehr günstigen Konditionen kooperiert, haben wir WANDA ins Leben gerufen – die WAttenmeer-Naturschutz-Daten-App.

Die Entwicklung zog sich über viele Monate: zunächst arbeitete ein Analyst unsere Anforderungen an die App genau heraus, dann gestaltete eine Grafikerin des App-Entwickler-Teams die nötigen Bildschirmoberflächen. Schließlich gingen die Programmierer:innen ans Werk und erstellen die erforderlichen digitalen Strukturen. In der Firma Nagarro arbeitet ein weltweit angesiedeltes Team eng zusammen, oft ohne sich jemals persönlich zu begegnen – eine ganz neue Erfahrung für unsere Hauptamtlichen Björn Marten Philipps, Katharina Weinberg und Barbara Ganter, die an dem Projekt hauptsächlich beteiligt waren. Sie begleiteten die Entwicklung in zunächst wöchentlichen, später täglichen Videokonferenzen mit dem Leiter in München und den Programmierer:innen aus Indien und Sri Lanka. 

Mit WANDA können die Freiwilligen nicht nur die Daten der 14-tägigen Spülsaum-Kontrollen für Müll und Totvögel und der jährlichen Wattkartierung direkt in die Datenbank eingeben. Auch die Beobachtungen aus der alltäglichen Gebietsbetreuung fließen über ein elektronisches Logbuch in das neue System. Die Hauptamtlichen, die WANDA betreuen, können in der Management-Ansicht alle Aktivitäten und Vorkommnisse auf den Stationen im Blick behalten. Eingereichte Monitoring-Daten können sie in der App mit Kommentaren oder Rückfragen versehen und an die Freiwilligen zurückgeben. Nach Überarbeitung landen sie wieder beim „Management“ und werden erneut geprüft und endgültig abgelegt.

Als wir nach monatelanger Entwicklungsarbeit WANDA im Verein vorstellen konnten, durften die Freiwilligen einige Tage lang nach Herzenslust Scherz-Daten eingeben, um sich mit dem System vertraut zu machen. Die Leitung freute sich über Pinguine, Blauwale, Alpakas und Thorshühnchen-Schwärme. Kurz vor Weihnachten wurden diese Quatsch-Daten gelöscht und WANDA startete ernsthaft. Die Stationsteams gaben zuerst Datensätze aus früheren Monitorings ein. Seit Anfang Januar werden nun alle kommenden Daten direkt in WANDA eingegeben – entweder über die Stationsrechner oder direkt im Gelände mit Tablet-Computern der Stationen. Wenn draußen keine Internet-Verbindung besteht, werden die Daten von den Tablets später im Büro in die Datenbank hochgeladen und sind dann auch sofort für die Hauptamtlichen sichtbar. Täglich frühmorgens bekommt das Naturschutzteam eine automatisch erstellte E-Mail mit einer Zusammenfassung aller besonders wichtigen Einträge des Vortages: wo wurden Totvögel gefunden, Tiefflieger registriert, Raubsäuger beobachtet, Verschmutzungen entdeckt? So kann man sich auf einen Blick einen Eindruck der Geschehnisse im Gelände verschaffen und auf besondere Ereignisse gegebenenfalls schnell reagieren. Diese zeitnahe Übersicht über unsere dezentral erhobenen Daten ist ein riesiger Fortschritt für unsere Naturschutzarbeit.

Die ersten Rückmeldungen unserer Freiwilligen zur neuen Datenbank sind überwiegend positiv, auch wenn es an einigen Punkten noch hakt: WANDA ist cool und erleichtert auch auf den Stationen die Arbeit!

Ein großer Dank gebührt der Nationalpark-Stiftung für die Finanzierung dieses aufwendigen Projektes.

Dieser ausführliche Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Wattenmeer". Mitglieder, Förderinnen und Förderer erhalten diese vierteljährlich per Post. Ältere Ausgaben stehen hier zum Download.

Freiwillige mit Tablet-Computer im Gelände
Tablet-Computer wurden bislang nur zur Brutvogelkartierung genutzt. Jetzt sind sie ganzjährig im Einsatz.
Angespülte tote Trottellumme
Trottellummen oder Basstölpel wurden im vorigen Jahr zeitweise in hohen Zahlen angespült. Künftig zeigt WANDA sofort die Daten aller Stationen.
Meldung einer Pflanze im Gebiet
Ebenso lassen sich mit WANDA seltene Strandpflanzen melden.
Abgebrochene Schutzgebietsmarkierung
Auch Schäden an Beschilderungen werden in WANDA dokumentiert – im Logbuch unter "Besondere Beobachtungen im Schutzgebiet".
Bildschirmfoto einer Videokonferenz
Möglich wurde das Projekt nur mit internationaler Zusammenarbeit: Bildschirmfoto aus einer Videokonferenz zum Ende der Umsetzungsphase mit Teilnehmer:innen von der Westküste, aus Bayern sowie Indien und Sri Lanka.
Grafik: Anteile verschiedener Materialien im Müll
Erste Ergebnisse: Eine vorläufige Auswertung von bereits eingegebenen Daten des Müllmonitorings zeigt klar, dass Strandmüll vor allem aus Kunststoffen besteht.
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