Wattenmeerkonferenz 2022

Was hat sie gebracht und was nicht?

Zur 14. Ministerkonferenz der Wattenmeerstaaten hatten die Naturschutzverbände bereits im Februar einen umfangreichen "Call for Action" veröffentlicht. Im November verdeutlichten sie die wichtigsten Forderungen des Naturschutzes noch einmal in einer gemeinsamen Erklärung. Der WWF hat jetzt ein ausführliches Fazit der Konferenz erstellt, das wir hier übernehmen können. Herzlichen Dank.

 

Wattenmeerkonferenz im November 2022 in Wilhelmshaven – was hat sie gebracht und was nicht?
Ende November 2022 fand in Wilhelmshaven die 14. Trilaterale Wattenmeerkonferenz statt. Sie war, wie die vorhergehenden und ca. alle vier Jahre stattfindenden Wattenmeerkonferenzen, ein zentrales Ereignis für den deutsch-dänisch-niederländischen Wattenmeerschutz. Im Folgenden eine kurze Betrachtung der Erfolge, aber auch der Misserfolge der Konferenz aus Sicht des WWF.

Bedauerlich ist allem voran, dass es in Wilhelmshaven keinen politischen Beschluss der drei Wattenmeer-Staaten gab: Die lange vorbereitete und auch in den Regionen in einem Beteiligungsverfahren besprochene Ministererklärung („Wilhelmshaven Declaration“) konnte nicht verabschiedet werden, da Dänemark wegen der dort zur Zeit der Konferenz noch anhaltenden Koalitionsverhandlungen politisch nicht beschlussfähig war.

Es wurde stattdessen dann immerhin eine „Gemeinsame Erklärung“ verabschiedet, die vor allem auf die Herausforderungen für das Wattenmeer durch Klimakrise und Energiewende, auf die Zugvögel, auf den integrierten Managementplan für das Weltnaturerbe, auf neue Gelder für die Wattenmeer-Forschung sowie auf mehr Schiffssicherheit einging.

Bezüglich der eigentlich für die Konferenz geplanten Ministererklärung ist damit zu rechnen, dass die Unterschrift durch die drei zuständigen Minister:innen im Nachgang erfolgen wird. Das ist auch zu hoffen, denn in dem Entwurf dieser Erklärung sind durchaus wichtige Fortschritte für den gemeinsamen Wattenmeerschutz enthalten. Beispiele sind:
• Es soll die Gemeinsamkeit für die Erhaltung des Weltnaturerbes betont werden: „Together for ONE Wadden Sea World Heritage“.
• Das gemeinsame Management und das trilaterale Leitprinzip („so weit wie möglich ein natürliches und sich selbst erhaltendes Ökosystem zu erreichen, in dem natürliche Prozesse ungestört ablaufen können“) sollen bestätigt werden.
• Es sollen künftig stärkere Schwerpunkte bei der Renaturierung verlorener Arten und Habitate, beim Schutz von Arten mit besonderer Verantwortung, sowie beim Management von gebietsfremden Arten gesetzt werden.
• Es soll ein Aktionsplan für nachhaltigen Tourismus beschlossen werden.
• Bei den Wattenmeer-Häfen und der Schifffahrt soll mehr Nachhaltigkeit und mehr Sicherheit erreicht werden.
• Bei den Querungen des Wattenmeeres durch Kabel zu den Offshore- Windparks sollen die Eingriffe so gering wie möglich gehalten werden, auch durch koordinierte Raumplanung.
• Beim Küstenschutz und bei der Klimaanpassung sollen naturbasierte Lösungen gestärkt werden.
• Ein in den letzten Jahren mit breiter Beteiligung erarbeiteter „Single Integrated Management Plan“ für das Weltnaturerbe Wattenmeer soll verabschiedet werden. Der „SIMP“, so heißt der Plan in kurz, soll mehr Übersicht über das Management des Wattenmeeres bringen und zu einem gemeinsamen Angehen der für den Schutz so wichtigen Themen Fischerei, Tourismus, Schifffahrt & Häfen, Küstenschutz sowie Energie führen.

Leider kann diese Aufzählung aber nur zu einer teilweise positiven Einschätzung der geplanten Ministererklärung führen. In entscheidenden Punkten greift der Entwurf noch zu kurz. So hatte der WWF, die Schutzstation Wattenmeer und zahlreiche andere Naturschutzorganisationen mit einem bereits im Februar 2022 veröffentlichten Call for Action deutliche Fortschritte vor allem bei den drei Themen „ungestörte Gebiete für eine intakte Unterwasserwelt“, „Beendigung der fossilen Energiegewinnung bis 2030“ sowie „mehr Nachhaltigkeit bei Schifffahrt & Häfen“ eingefordert. Doch Fortschritte durch die trilaterale Ministererklärung sind bei diesen Themen überwiegend noch nicht in Sicht. Stattdessen ist bei der Öl- oder Gasförderung in den Niederlanden, in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein durch Entscheidungen in diesen Ländern sogar eine Ausweitung zu befürchten. Höchst aktuell ist auch, dass bislang auch noch kein Verzicht auf die von Hamburg angekündigte Ablagerung von riesigen Mengen Elbschlick bei der Vogelinsel Scharhörn – mit erheblichen negativen Folgen für die angrenzenden Wattenmeer- Nationalparke – erklärt wurde.

Dennoch muss man auch die oben erwähnten Fortschritte sehen, die mit der Unterschrift unter die Ministererklärung zu erwarten sind. Bedenkt man zusätzlich die hohe öffentliche und politische Aufmerksamkeit für den Wattenmeerschutz im Zuge der Konferenz, so kann man das Zusammentreffen in Wilhelmshaven insgesamt doch als Fortschritt sehen. Und: zum Erfolg beigetragen hat dabei auch das vielfältige Engagement der Naturschutzverbände und anderer Stakeholder, die die Gelegenheit der Wattenmeerkonferenz für viele weitere Aktivitäten genutzt haben. Besonders hervorzuheben ist, dass 39 Organisationen und Firmen aus den Bereichen Wattenmeer-Häfen, Schifffahrt sowie Natur & Umwelt bei der Konferenz die „Sustainable Shipping and Ports Initiative for a well-protected Wadden Sea“ unterzeichnet haben. Sie haben damit ihren Willen bekundet, die Auswirkungen der Schifffahrts- und Hafentätigkeiten auf das Wattenmeer zu minimieren, schnellstmöglich auf einen klimaneutralen Betrieb hinzuarbeiten und zur Erreichung dieser Ziele den Dialog zu suchen und zusammenzuarbeiten. In den kommenden Jahren wird sich zeigen müssen, ob sich die hierdurch zum Ausdruck kommende Partnerschaft nun auch in der Umsetzung neuer Maßnahmen zum Schutz des Wattenmeeres bewährt.

Weitere Beispiele für Stakeholder-Initiativen ist eine von zahlreichen in der „Dark Sky“-Initiative verbundenen Partnern unterzeichnete Vision zur Verringerung der nächtlichen Lichtverschmutzung über Meer und Küste sowie eine Vereinbarung zur Umstellung auf fossilfreien Wassersport.

Minister:innen in Wilhelmshaven
Auf den Wattenmeerkonferenzen sollen Entscheidungen auf Ebene der zuständigen Minister:innen getroffen werden. Hier: Johan Hamster (Regionalminister der Provinz Groningen), Parl. Staatssekretärin Dr. Bettina Hoffmann (in Vertretung für die erkrankte Bundesumweltministerin Steffi Lemke), Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer, Christianne van der Wal -Zeggelink (Ministerin für Naturschutz und Stickstoff im Königreich der Niederlande), Oberbürgermeister von Wilhelmshaven Carsten Feist, Abteilungsleiterin Charlotte Brøndum aus dem dänischen Umweltministerium, Tobias Goldschmidt (Umweltminister von Schleswig-Holstein) und Jens Kerstan (Senator für Umwelt von Hamburg)
Demonstration der Naturschutzverbände
Die Naturschutzverbände unterstrichen ihre Forderungen mit einer kleinen Demonstration.
Demonstration der Naturschutzverbände mit Staatssekretärin und Minister
Staatssekretärin Hoffmann und Minister Meyer nutzten die Gelegenheit, um direkt mit den Vertreter:innen der Verbände zu diskutieren.
Präsentation Sustainable Shipping and Ports Initiative
Am Rande der Konferenz wurde auch die von 39 Organisationen getragene "Sustainable Shipping and Ports Initiative for a well-protected Wadden Sea" vorgestellt.
Unterzeichnung Sustainable Shipping and Ports Initiative
Unterzeichnung der Erklärung
Verabschiedung Vision "Dark Sky"
Zum Thema "Dark Sky" wurde eine gemeinsame Vision für ein Wattenmeer mit natürlicherem Nachthimmel verabschiedet.
Treffen am Stand der Nationalparke
Konferenzen bieten immer auch Gelegenheit für informelle Treffen, wie hier mit Nationalparkleiter Michael Kruse, Hans-Ulrich Rösner (WWF), Umweltminister Tobias Goldschmidt und Harald Förster (Schutzstation Wattenmeer) am Stand der Nationalparke.