Wer macht noch Wind für Energiesparen?

Die aktuelle Offshore-Windkraft-Diskussion, weckt immer mehr den Eindruck, daß nur diese Form der alternativen Energiegewinnung die Küste vor der sicheren CO2-Katastrophe retten kann. So sollen offenbar Bedenkenträger aus dem Naturschutz, die selbst jahrelang für Alternativenergien gestritten haben, nun als Umweltschutzbremser hingestellt werden.

Tatsache ist jedoch, daß die gesteckten Ziele im Klimaschutz nur über das gleichzeitige Verfolgen vieler Wege erreicht werden kann. Der wichtigste und gleichzeitig unpopulärste Weg ist und bleibt das Energiesparen: Die Beiträge, die jeder zu Hause, in der Schule oder am Arbeitsplatz zur Entlastung der Umwelt leisten kann, sind alles andere als "Peanuts". Das ergab eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung ISI, Karlsruhe, des Öko-Instituts, Darmstadt, und der Technischen Universität München im Auftrag des Umweltbundesamts. Die Institute untersuchten die Sektoren Gewerbe, Handel, Dienstleistung und Haushalte auf Möglichkeiten zur Verminderung der Kohlendioxid-Emission durch energiesparendes Verhalten. Die Ergebnisse unterstreichen die kürzlich vom Fraunhofer ISI geäußerte Behauptung,Deutschland könne auf die Nutzung der Kernkraft verzichten.

Um insgesamt 23 Millionen Tonnen ließen sich in Deutschland die CO2-Emissionen allein in Gewerbe, Handel und Dienstleistung senken; das sind etwa 16 Prozent des Gesamtausstoßes in diesem Bereich. Bereits heute läßt sich der Stromverbrauch um ca. 14 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr durch Abschalten von Stand-by, Anpassen der Betriebszeiten von Geräten an die tatsächliche Nutzung oder manuelles Zu- und Abschalten der Beleuchtung reduzieren. Dies entspricht ungefähr dem Jahresstromverbrauch der Stadt Berlin. Hinzu kommen Einsparpotenziale bei der Raumwärme von 50 Milliarden Kilowattstunden pro Jahr und beim Warmwasser von jährlich 10 Milliarden Kilowattstunden.

Einen noch höheren Stellenwert räumen die Forscher den Verhaltensmaßnahmen in Haushalten ein. Das Reduktionspotenzial liegt hier bei ca. 61 Millionen Tonnen Kohlendioxid. Das ist ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen der deutschen Haushalte. Besonders effizient sind Maßnahmen, die den Energieverbrauch für Raumwärme reduzieren. Sie machen 87 Prozent des Einsparpotenzials aus. Wer also aufpaßt, daß die Heizkörper nicht mit Möbeln zugestellt sind, die Fenster nicht bei voll aufgedrehter Heizung aufreißt und auf angemessene Raumtemperaturen achtet, leistet einen beachtlichen Beitrag zum Klimaschutz. Ein durchschnittlicher Haushalt spart dadurch zugleich bis zu 600 DM jährlich. Würden alle empfohlenen Verhaltensmaßnahmen durchgeführt, wäre zusammen mit der Entwicklung immer sparsamerer Geräte das von der Bundesregierung für das Jahr 2005 gesteckte Ziel erreicht, nämlich eine um 25 Prozent verminderte Kohlendioxidemission gegenüber 1990. "Ein schöner Gedanke, aber leider weit weg von der Realität", sagt Edelgard Gruber, Projektleiterin am Fraunhofer ISI.

Haushaltsbefragungen und die Untersuchung bereits durchgeführter Programme zur Förderung des klimagerechten Verhaltens zeigen, daß nur wenige Prozente des Potenzials tatsächlich erschlossen werden können. Gewohnheiten, Unkenntnis und fehlende Motivation stehen der vollständigen Ausschöpfung der Möglichkeiten entgegen.

Für 2005 kann daher nur mit einer Reduktion von 8 Millionen Tonnen Kohlendioxid gerechnet werden, für 2020 mit 19 Millionen Tonnen. Entscheidend ist jedoch, daß die Zielgruppen spezifisch angesprochen und jeweils Anreize geschaffen werden. "Mit dem erhobenen Zeigerfinger kommt man in der heutigen Zeit nicht weit", so Gruber.