Meeresschildkröte am Sylter Strand

Unterkühltes Tier im Sturm lebend geborgen

Gegen 15:15 Uhr meldete heute ein Strandläufer bei heftigem Nordweststurm den Fund einer lebenden Meeres-Schildkröte am Weststrand von Sylt (Hörnum). 

Dank des Netzwerkes von Schutzstation Wattenmeer und Sylter Seehundjägern konnte sehr schnell gehandelt werden. Die Telefone liefen heiss zwischen Sylt, Hamburg, Belgien und Stralsund. Am Ende war klar: Es handelt sich um eine Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta). Diese Tiere leben normalerweise in warmen Gewässern des Mittelmeeres und des Atlantiks, kommen aber mit dem Golfstrom auch hin und wieder hoch in den Norden. Die Art ist strengsten geschützt (Washingtoner Artenschutzabkommen).

Das Tier vom Hörnumer Strand scheint geschwächt und blutet aus dem Schnabel. Die Sylter Seehundjäger brachten das Tier nach Absprache mit dem zuständigen Landesamt erstmal in ein Becken des Sylt-Aquariums. Hier soll nun die Schildkröte von Fachleuten untersucht und verarztet werden. 

In die Nordsee gewanderte Tiere müssen zum Winter hin wieder rechtzeitig nach Südwesten abziehen. Sonst wird es bei sinkenden Temperaturen bei uns zu kalt für sie, so dass dann immer wieder einzelne Tiere angespült werden. Entsprechend wurden auch im Strandfunde-Internetportal BeachExplorer Schildkröten bislang nur zwischen Oktober und Februar gemeldet.

Im Wattenmeer war erst am 25.11. eine Grüne Meeresschildkröte(Chelonia mydas) auf Norderney angespült worden. Diese war allerdings, wie die Nationalparkverwaltung im jüngsten Newsletter schrieb, schon einige Tage tot.
An der Westküste war zuletzt im Januar 2020 vor dem dänischen Blåvand eine lebende Unechte Karettschildkröte angetrieben und danach wieder aufgepäppelt worden.

Am vorigen Sonntag wurde bei Vlissingen in den Niederlanden eine Atlantik-Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii) angespült und in einen Tierpark gebracht.
In Belgien war vor rund vier Wochen ebenfalls eine Karettschildkröte am Strand geborgen und in ein Sealife Center gebracht worden. Dort wurde sie verarztet und langsam an wärmere Wassertemperaturen gewöhnt. Das ist entscheidend, da die Schildkröte sonst angesichts des 1-4 Grad kalten Nordseewassers, in dem sich das Tier lange aufhielt, bei plötzlicher Temperaturerhöhung einen Schock erleiden könnte. Die belgische Caretta konnte überleben und ist jetzt der Star im Sealife Center Blankenberge.

 

Fotomontage der Schildkröte am Sylter Strand
Enormes Glück hatte die kleine Schildkröte, die es heute trotz der immer stärkeren Brandung bis an den Hörnumer Strand schaffte.
Ansicht schräg von vorn
Temperaturen um 5 Grad sind für die Schildkröten eigentlich zu niedrig.
Aufsicht der Schildkröte im Sand
Bleibt zu hoffen, dass das Tier in den nächsten Tagen wieder zu Kräften kommt.