Tier des Monats August: Herzmuscheln - Kindergarten im Wattenmeer

Themenjahr im Nationalpark Wattenmeer 2018: Muscheln und Schnecken

Wie fühlt es sich an, barfuß über Erbsen zu gehen? Vermutlich so ähnlich, wie sich eine Wattwanderung über eine Fläche mit jungen Herzmuscheln anfühlt. Die Herzmuschel ist unsere häufigste Muschel im Wattenmeer, und jetzt im Hochsommer sind Milliarden von Babymuscheln auf den Wattflächen anzutreffen. Sie sind im Mai als Eier ins Meer entlassen worden, haben eine gefährliche und verlustreiche Zeit im Plankton zugebracht, und sind im Juni – noch sandkorngroß - zum Bodenleben übergegangen. Mittlerweile sind die Jungmuscheln im flachen und besonders warmen Wattenmeer bereits so weit heran gewachsen, dass sie knapp erbsengroß sind und eine dichte Schicht im Wattboden bilden. Bei Sonne kann man in die Öffnungen ihrer kurzen Siphone hinein blicken, durch die das Atemwasser ein und aus strömt. Die Siphone reflektieren das Sonnenlicht und leuchten geradezu.
Erwachsene Herzmuscheln werden bis zu fünf Zentimeter groß und können pro Stunde bis zu 2,5 Liter Wasser filtern. Alle Herzmuscheln des Wattenmeeres filtern in etwa zwei Wochen das Wasservolumen des gesamten Wattenmeeres durch. Die Art ist damit ein Biofilter im Watt und zugleich eine Schlüsselart in den Nahrungsketten. Nur die wenigsten Herzmuscheln erreichen das Maximalalter von 7 – 10 Jahren. Die meisten werden schon im ersten Jahr von Krebsen oder Watvögeln verspeist. Auch im zweiten und dritten Lebensjahr gibt es noch viele Verluste durch Wegfraß. Ein Austernfischer braucht im Winter pro Tag bis zu 300 Herzmuscheln als Nahrung!
Die überlebenden älteren Herzmuscheln werden mit steigendem Alter von immer mehr Saugwürmern befallen, die im Inneren der Muschel darauf lauern, in einen Vogeldarm zu gelangen, ihren eigentlichen Wohnort. Starker Saugwurmbefall schädigt den Grabefuß der Muschel, so dass sich alte Herzmuscheln oftmals nicht mehr eingraben können. Sie liegen oft lebend auf dem Wattboden und dienen Grünalgen als willkommener Wuchsort – bis sie mitsamt ihrem Aufwuchs an den Strand gespült werden.
Kalte Winter verursachen dramatische Massensterben bei der Herzmuschel. Im gesamten Gezeitenbereich erfrieren alle Herzmuscheln, wobei genügend Tiere im tieferen Wasser überleben, um die Wattflächen im nächsten Sommer wieder zu besiedeln. Möglicherweise hat auch die Hitzewelle des Sommers 2018 stellenweise zu Massensterben kleiner Herzmuscheln geführt. In den Niederlanden werden Herzmuscheln gefischt und gegessen, doch in den Nationalparks ist der Herzmuschelfang verboten.

 

Mehr zum Nationalpark-Themenjahr "Muscheln & Schnecken" gibt es auch hier.

Herzmuscheln kommen jetzt in großen Mengen im Wattenmeer vor.
Von der Seite betrachtet, sehen sie wie ein Herz aus. Durch einen der Siphone saugen sie Wasser ein, das sie filtern und dann durch den anderen wieder abgeben.
Allein eine Herzmuschel kann stündlich bis zu 2,5 Liter Wasser filtern.
Können alte Herzmuscheln sich nicht mehr eingraben, wachsen oft Algen auf ihnen. Mit ihnen werden sie leicht an den Strand gespült.
In Eiswintern erfrieren manchmal die Herzmuscheln quadratkilometergroßer Wattflächen. Diese müssen dann im Frühjahr wieder ganz neu besiedelt werden.