Wal-Drama

12 tote Pottwale in der Nordsee

Fotos: Christof Goetze, Schutzstation Wattenmeer


Nachdem am 8. Januar 2016 zwei tote Pottwale auf Wangerooge gestrandet waren, trieben am 12.1. zwei weitere tote Tiere an Helgoland vorbei. Am gleichen Abend wurden fünf lebende Wale auf der niederländischen Insel Texel angespült, die in der Nacht verendeten. Am 13.1. wurden je ein weiteres Tier auf dem Eversand in der Wesermündung sowie auf der Sandbank D-Steert westlich von Büsum entdeckt, am 14.1. wiederum einer auf Texel. Die Meldungen eines zweiten Tieres in der Wesermündung und eines siebten Wals bei Texel bestätigten sich nicht.


Die vor Helgoland entdeckten beiden Pottwalbullen wurden, da sie im Meer treibend eine Gefahr für die Schifffahrt darstellten, zum Holmer Siel auf Nordstrand geschleppt. Dort wurden sie am 14.1.2016 von einem Team des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (Standort Büsum) mit Unterstützung des LKN untersucht. Die inneren Organe der beiden noch nicht geschlechtsreifen Tiere waren schon stark verwest.

Die Aktion fand ein reges Medien- und Publikumsinteresse. Der Büsumer Wal sollte einen Tag später folgen. Allerdings riss die Schleppverbindung. Der Kadaver wurde zunächst verdriftet, so dass er mit Verzögerung schließlich am 16.1.16 nach Nordstrand gelangte. Der zwölf Meter große Wal hatte ein großes Stück Fischnetz und einige Nylonreste im Magen, außerdem Reste seiner bevorzugten Nahrung: Hunderte von Tintenfischschnäbeln.

Die Universität Gießen und der Öömrang Ferian haben Interesse an den Helgolänger Walskeletten angemeldet. Einer der Wale soll auf der Insel Amrum im dortigen Naturzentrum ausgestellt werden.

Seltsamer Weise waren die Helgoländer Wale schon stark verwest, also schon längere Zeit tot, während ihre Artgenossen zwei Tagen zuvor noch lebten, als sie auf der Insel Texel strandeten.

Die Ursache für die große Zahl gestrandeter Pottwale im Wattenmeer kann derzeit nur vermutet werden. Die Walbullen wurden auf ihrem Weg aus dem Polarmeer in die wärmeren Regionen des Zentralatlantik, wo sich die Weibchen aufhalten, in der Orientierung beeinflusst. Bei den Shetlandinseln sind sie falsch in die Nordsee abgebogen.

Pottwale orientieren sich hauptsächlich durch Schallortung. Unterwasserlärm von Bohrinseln, durch U-Boote oder Schiffe kann ihre empfindlichen Sinnesorgane schädigen und beeinträchtigen. Vor zwei Wochen tobte im Atlantik ein Sturm, der ebenfalls ein Grund für die Desorientierung sein kann. In Frage kommen auch Parasiten, die ihre Sinnesorgane befallen haben könnten.

Einmal in die flache Nordsee gelangt, hilft ihnen die Echoortung allerdings immer weniger. Die Schallsignale werden in den trüben und sehr flachen Küstengewässern einerseits an Schwebstoffen gestreut und andererseits immer wieder zwischen Boden und Wasseroberfläche hin und her geworfen, so dass die Tiere quasi in einen rauschenden und hallenden Nebel geraten.
Geraten sie dann orientierungslos auf einen Strand, ersticken sie sehr schnell an ihrem eigenen Gewicht.

Weitere Informationen über Pottwale und Strandungen im Wattenmeer gibt es hier.



 

Die beiden vor Helgoland gefundenen Pottwale wurden am Holmer Siel untersucht.
Diebe hatten einige der aus Elfenbein bestehenden Zähne aus dem Unterkiefer gesägt.