Pottwalstrandungen: Seltenes Drama an unseren Küsten

Woher kommen die Pottwale?

Schon im Mittelalter strandeten im Wattenmeer und an der Nordseeküste gelegentlich Pottwale. Meistens waren es einzelne Tiere, nur in sehr seltenen Fällen auch größere Gruppen. So kamen im Dezember 1723 bei Neuwerk 21 junge Pottwalbullen um.
Im Winter 1761/62 strandeten an allen Küsten der Nordsee insgesamt 21 Tiere, davon einer auf der seither Kachelotplate (Cachalot = franz. Pottwal) genannten Sandbank bei Borkum und einer bei Neuwerk.
Die Pottwale sind stets Männchen, die wohl auf dem Weg von der Arktis gen Süden sind. Sie wandern zahlreich an der norwegischen Küste nach Südwesten. Schwimmen sie dabei nicht westlich an den britischen Inseln vorbei, gelangen sie in die gefährlich flache Nordsee und stranden oft im Wattenmeer.

 

Strandung eine Pottwals am 13.1.1601 bei Beverwijk (NL)

Radierung von Jan Saenredam, 1602, Rijksmuseum, Amsterdam

 

Warum stranden sie?

Man vermutet, dass das Echolot der Wale im Flachwasser der Nordsee nicht ausreicht, um die feinen Tiefenunterschiede zu erkennen. Außerdem bergen Ebbe und Flut mit Gezeitenunterschieden von bis zu vier Metern ein großes Strandungsrisiko. Ob die Wale natürlicherweise oder durch Bohrplattformen, Seekabel oder Schiffslärm vom Weg abkommen, ist unklar. Da in Großbritannien die Anzahl gestrandeter Tiere von jährlich einem in den 1940er- bis 1980er-Jahren auf seither sechs pro Jahr anstieg, werden auch Spätfolgen des industriellen Walfangs diskutiert.

Auffällig war die Häufung von Pottwalstrandungen Ende der 1990er Jahre. Allein von 1995 bis 1998 verendeten über 80 Tiere in der Nordsee. Zuvor lag die Höchstzahl bei 28 pro Jahrzehnt (im 18. Jhd.).

In Schleswig-Holstein strandeten zuletzt 2002 drei Pottwale bei Friedrichskoog und 2011 einer bei Pellworm. Im Februar 2015 wurde ein offenbar schon länger totes Tier auf der dänischen Insel Fanö angespült.
Anfang 2016 trieben 2 tote Tiere bei Helgoland, 2 strandeten auf Wangerooge, eines in der Wesermündung, eines bei Büsum, 6 auf Texel sowie 5 an der Ostküste Englands. Hinzu kamen ab dem 31.1. noch 8 Wale bei Friedrichskoog, zwei auf dem Blauortsand vor Büsum sowie ein Tier bei Calais (F) und ein weiteres an der ostenglischen Küste (Stand 7.2.16).

Kann man die Wale retten?

Nein. Man kann ein 10 – 30 Tonnen schweres Tier nicht am Schwanz ins Wasser ziehen, ohne es schwer zu verletzten oder den Schwanz abzureißen. Ins Wasser rollen wurde bei mittelgroßen Walen in Australien versucht und führte zu tödlichen inneren Verletzungen. Bei der Strandung 1997 nahe Rømø konnte ein Seenotrettungsboot drei von 13 Pottwalen bei steigender Flut in den Priel schieben – und sie schwammen sofort zurück auf den Sand, um bei ihrem Rudel zu sterben.
Da Pottwale im Flachwasser auf die Seite kippen und ihr Blasloch unter Wasser gerät, ersticken sie nach 1 – 2 Stunden, wobei weder ein Todeskampf noch panisches Einatmen von Wasser festzustellen sind. Manchmal gelingt es frühzeitig, Pottwale mit lauten Booten vom Ufer abzudrängen. Nach einer Strandung aber ist Nichtstun und Abstand halten die einzig mögliche Hilfe.

Ein anrüchiges Geschäft...

...ist das Zerlegen der toten Wale. Schon nach wenigen Stunden gehen sie innerlich in Verwesung über, manche Kadaver platzen sogar durch die Entstehung von Faulgasen. Um einen Pottwal zu zerlegen, benötigt man lange Fleischermesser und viele Schleifsteine, einen Bagger als Zugmaschine sowie 5 - 10 Helfer - das reicht. Das Problem ist nur, wie man später die riesigen Knochen reinigt - und den Gestank aus den Klamotten bekommt.

Übersicht und Bildergalerie zu den Strandungen 2016

Pottwal-Strandung 23.1.1998 - Sandbank vor Westerhever