Das "Seemoos"

Korallenmoos (Hydrallmania falcata) und Zypressenmoos (Sertularia cupressina)

Weder Moos, noch Pflanze

Es gibt einige Meerestiere, die auf den ersten Blick leicht für Pflanzen gehalten werden: buschige Gewächse von meist 10 - 20 Zentimetern Größe, die mit Algen vermischt am Strand angespült werden. Im Gegensatz zu Algen sind sie aber nicht braun, grün oder rot, sondern irgendwie blass beige oder grau.
"Seemoos" ist der Sammelbegriff für mehrere Arten von Polypenstöcken, die zu den Nesseltieren gehören. Sie sind entfernt verwandt mit Seeanemonen, Korallen und auch Quallen.

In Chitin gehüllt

Die moosähnlichen Polypenstöcke haben eine Körperhülle aus Chitin: das ist das robuste Molekül, aus dem auch Insektenpanzer bestehen. An den Enden der Äste der Polypenstöcke sitzen viele winzige Tentakelköpfe und fangen mit ihren Nesselfäden Plankton.
Der Begriff "Seemoos" umfasst vor allem das Korallenmoos (Hydrallmania falcata), das gefiederte Seitenäste mit einer "Mittelrippe" hat (rechts im Bild). Die andere häufige Art ist das Zypressenmoos (Sertularia cupressina), das mehrfach gegabelte Seitenästchen hat (links).
Wie alle fest sitzenden Bodentiere leiden die "Seemooswiesen" im Watt, wenn die Schleppnetze der Krabbenfischer sie abreißen.

Wie leben unsere "Seemoos"-Arten ?

Die "Seemoose" verbreiten sich mit Schwimmlarven, die sich auf Hartgrund wie Steinen und Muschelschalen ansiedeln. Dort bildet das junge Nesseltier einen ersten Tentakelkopf mit einer Chitinhülle und fischt Plankton. Der sichtbare Polypenstock entsteht durch Knospung, also durch die Bildung immer neuer Köpfchen an den Seiten und Enden der vorhandenen Zweige. Jede Polypenart hat ein eigenes Verzweigungsmuster, das mal an Federn, an Sägeblätter oder an Palmwedel erinnert.
Viele Polypenstöcke bilden Kriechtriebe, die auf dem Untergrund entlang wachsen und immer neue Äste nach oben schicken. An den Spitzen der Äste sitzen neben Fangpolypen mit Nesselarmen auch Fortpflanzungspolypen voller Eier oder Spermien. Diese Arbeitsteilung funktioniert, weil alle Köpfchen eines Stocks innerhalb der Äste mit dem restlichen Stock verbunden sind und sich gegenseitig versorgen - sie gehören ja auch zu einem einzigen Organismus. Trotzdem leben abgerissene Äste oft auch alleine weiter.

Hätten Sie gedacht, dass...

  • ... das Wort "Polyp", das für Nesseltierchen und auch für Kraken verwendet wird, aus dem Griechischen kommt und ganz einfach "Vielfuß" bedeutet?
  • ... "Moostierchen" ebenfalls buschige Tierstöcke aus Chitin sind, die aber zu einer völlig anderen Tier- gruppe gehören als die "Seemoose"?
  • ... Felsen und auch Treibgut von verschiedensten Polypenstöcken besiedelt werden, währen auf weichem Wattboden keine "Seemoose" leben?
  • ... die Polypenstöckchen der Gattung Obelia auf der Siphospitze der Sandklaffmuschel wachsen können und ruckartig im Boden verschwinden, wenn die Muschel bei Gefahr den Sipho einzieht?
  • ... auf Muschelschillfeldern in Wattprielen bis etwa 1970 dichte Seemooswiesen wuchsen, die reich an Meeresnacktschnecken, Gespensterkrebsen und anderen Kleintieren waren, die von den oder auf den Polypenstöckchen lebten?
  • ... die Seemooswiesen weggefischt wurden, weil eingefärbtes Seemoos als Schmuck in Trocken- sträußen, Lampenschirmen & Briefpapier modern wurde und die Seemooswiesen mit Stacheldraht rollen vom Wattboden abgekratzt wurden?