Nach weiter Reise droht kühler Tod

Nationalpark-Themenjahr Artenvielfalt

Immer wieder am Jahresende, wenn die Nordsee kalt wird, werden subtropische Fernwanderer sterbend an die Strände gespült. Doch Mondfische, Haie und Seeschildkröten haben sich nicht unbedingt verirrt.

Langstreckenwanderungen gehören zum Verhaltensmuster vieler Tiere, sowohl an Land, aber insbesondere auch im Meer. Schwerelos im Wasser schwebend und vielleicht noch vom Golfstrom oder einer anderen Strömung geschoben, können Meerestiere im grenzenlosen Ozean Tausende von Kilometern wandern. Manche Arten wie bestimmte Wale oder die Thunfische wechseln im Jahresrhythmus zwischen reichen Nahrungsgründen und warmen Vermehrungsgebieten. Andere Arten wie Mondfische, Meeresschildkröten oder Haie scheinen eher „Herumtreiber“ zu sein, die hier und da auftauchen und ohne festen Zeitplan durch die warmen und kühleren Meere streifen.

Dieses Wanderverhalten erschließt den Tieren neue Nahrungsgründe und führt sie vielleicht auch in gute Fortpflanzungsgebiete. Daher ist es evolutiv sinnvoll, dass Tiere wandern, auch wenn sie keine festen Ziele haben und ihre Wandergebiete nicht kennen.
Die Nordsee kühlt als nur 30 – 50 Meter flaches Randmeer im Winter schnell aus, so dass die Wanderlust dann für wärmebedürftige Meerestiere fatal enden kann. Fällt die Wassertemperatur unter 10° C, was meist im Dezember der Fall ist, verlieren (sub)tropische Fische und Schildkröten ihre Bewegungsfähigkeit und geraten in Lebensgefahr. Halb oder ganz tot werden die Fernwanderer an den Strand gespült und lösen Erstaunen aus. Blauhaie auf Sylt und Baltrum, Leder- oder Unechte Karettschildkröten auf Amrum und bei Rømø oder auch Mondfische auf Sylt und anderswo sind Beispiele aus den letzten Jahren. Oft sind es kleinere Exemplare, was vermuten lässt, dass unerfahrene Jungtiere leichter den Tod finden als erfahrene Alttiere.

Durch die im Zuge der Offshore-Windkraft erfolgte bessere biologische Erforschung der Nordsee ist deutlich geworden, dass da draußen in jedem Sommer Mond- und Thunfische auftreten. Sie sind ein natürlicher Teil des Meereslebens und finden sicher oftmals auch rechtzeitig im Herbst den „Ausgang“ aus der Nordsee – entweder durch den Ärmelkanal nach Süden oder an Schottland vorbei nach Westen. Insofern sind es wahrscheinlich nur einige „Pechfische“, die in Küstennähe von der winterlichen Abkühlung erwischt werden und erstarrt am Strand landen. Sie zeigen uns, welche Vielfalt an exotisch wirkenden Meerestieren sich unsichtbar unter dem Meeresspiegel verbirgt. Mit insgesamt steigenden Meerestemperaturen werden wir diese Arten wohl noch häufiger antreffen.

Funde auch exotischer Arten können im Strandfunde-Internetportal „BeachExplorer“ gemeldet werden. Dort sind auch zahlreiche Beobachtungen z. B. von Makrelenhecht, Brachsenmakrele, Mondfisch, Blauhai oder verschiedene Meeresschildkröten zu sehen.

Dieser Artikel ist der Abschluss unserer Serie zum Nationalpark-Themenjahr „Vielfalt unter Wasser“. Die weiteren Beiträge sind: 

Blauhai auf der Seite liegend
Dieser Blauhai wurde im Dezember 2017 an den Sylter Strand gespült.
Mondfisch auf dem Strand
Ein Jahr später strandete dieser Mondfisch bei Hörnum.
Makrelenhecht auf Sandboden
Im Dezember 2023 lag dieser eigentlich pfeilschnelle Makrelenhecht vor St. Peter-Ording.
Unechte Karettschildkröte am Sylter Strand
Kurz zuvor waren diese lebende Unechte Karettschildkröte sowie zwei weitere tote Exemplare auf Sylt und Amrum angespült worden.