Der Nordseeschnäpel
(Coregonus oxyrinchus)
Nur in der Nordsee
Fische gehören natürlich zum Wattenmeer. Der Schnäpel gehört ganz besonders dazu, weil er nirgendwo sonst auf der Welt vorkommt. Oder vorkam. Es ist nämlich unklar, ob die Schnäpel, die heute in Dänemark gezüchtet werden und im Wattenmeer leben, genetisch identisch sind mit den Schnäpeln, die früher den Rhein und die Ems und die Weser hinauf wanderten, um dort zu laichen. Als Wanderfische haben die Schnäpel, so wie der entfernt verwandte Lachs, die Meerforelle und viele andere Fische, die flussaufwärts schwimmen, um dort zu laichen, ein massives Problem mit den massiven menschlichen Bauwerken. Sperrwerke, Staustufen, Kraftwerke und verdreckte Bäche haben viele Wanderfische an den Rand des Aussterbens gebracht.
Wie lebt der Nordseeschnäpel?
Sein Lebensraum waren der Ärmelkanal und das Wattenmeer, sein Laichgebiet vermutlich alle zuführenden Flüsse. Durch Überfischung und Flussbegradigungen ist er fast überall ausgestorben, nur in der Vidå, dem dänisch-deutschen Grenzfluss, gibt es noch eine Population. Sie wird seit 1987 künstlich vermehrt und hält sich, während in der Treene in SH der Besatz keinen Erfolgt zeigt. In der Ijssel (NL) wurden 2010 junge Schnäpel gefangen - vermutlich haben dänische Schnäpel dort ihr Glück versucht. Zum winterlichen Laichen braucht der Schnäpel saubere und sauerstoffreiche kleine Flüsse mit Kiesgrund, wo er Tausende von Eiern an Boden und Pflanzen klebt. Die Larven und Jungfische driften langsam flussabwärts ins Wattenmeer oder in vorgelagerte Flussästuare, wo sie vier bis fünf Jahre heranwachsen, ehe sie erstmals selbst zum Laichen wieder flussaufwärts wandern.
Hätten Sie gedacht, dass...
- ... der wissenschaftliche Name "Spitznasiges Schlitzauge" bedeutet, weil die Pupille etwas eckig ist und die Nase selbst für Schnäpel recht lang ist?
- ... der Nordseeschnäpel EU-weit geschützt ist?
- ... die meisten Schnäpelarten unter den Namen "Maräne", "Felchen" oder "Renke" in Seen leben, oftmals pro Art nur in einem einzigen See?
- ... verschiedene Schnäpelarten aus dem Bodensee, die rheinabwärts verdriftet wurden, sich gekreuzt und im Mittelrhein eine neue, an Strömung ange- passte Schnäpelart bilden, den "Rheinfelchen", der aber noch keinen wissenschaftlichen Namen hat?
- ... die äußere Körperform der Schnäpel recht stark schwankt, so dass man für die Artbestimmung oft Schuppen, Kiemendornen oder die DNA braucht?
- ... Schnäpel anders als die Lachse nicht springen und daher schon ein einziges Stauwehr reicht, um Schnäpel von ihren Laichplätzen abzuschneiden?
- ... von den etwa 70 Arten der Gattung Coregonus ca. 12 ausgestorben und 19 stark gefährdet sind?
- ... in den Großen Seen in den USA pro Jahr bis zu 8000 Tonnen Schnäpel gefischt und verspeist werden, in Mecklenburgs Seen etwa 30 Tonnen für 300.000 Euro?